“Durch den Geist Gottes leben wir aus dem, was wir nicht sind” Predigt von Pfarrer Jan-Peter Hanstein 2. Sonntag nach Epiphanias 1 Kor 2,1-12

(Predigttext in der Predigt)

„Auch ich, meine Brüder und Schwestern, als ich zu euch kam, kam ich nicht mit hohen Worten oder hoher Weisheit, euch das Geheimnis Gottes zu predigen. 3 Und ich war bei euch in Schwachheit und in Furcht und mit großem Zittern; 4 und mein Wort und meine Predigt geschahen nicht mit überredenden Worten der Weisheit, sondern im Erweis des Geistes und der Kraft, 5 auf dass euer Glaube nicht stehe auf Menschenweisheit, sondern auf Gottes Kraft.

2 Denn ich hielt es für richtig, unter euch nichts zu wissen als allein Jesus Christus, ihn, den Gekreuzigten.

auch für mich ist heute diese Beschreibung von Paulus keine hohle Phrase:  mit Furcht und Zittern …

Ein schwerer Text! Mögen Sie sich beim Hören gedacht haben. Gespannt oder resigniert, was der Prediger hier vorne mal wieder daraus machen würde. Jesus machte aus Wasser Wein, damit die Hochzeit der Freude fortgesetzt werden kann.

Und ich soll hier auch im übertragenen Sinn Wasser zu Wein machen? Klar – 

Mit Furcht und Zittern, weil jeder, der sich auf diese Worte von der Kraft Gottes durch die Verkündigung des Gekreuzigten heute wie damals ein Risiko eingeht. Ein Wagnis. Der Erweis des Geistes und der Kraft.

Bis ich einwillige: Ja komm, lebendiger Geist und schenke nicht nur mir die Kraft zum predigen, sondern öffne auch die Ohren der Hörenden.

Mit Furcht und Zittern.

Und seht wie ich eingezwängt bin. Hinter mir das germanische Heiligtum schlechthin: der geschmückte Weihnachtsbaum, neben mir die berühmte wunderbare Puppenmacherkrippe, aber über mir hängt das neuerdings etwas grell beleuchtete Kruzifix, bedrohlich wie ein Damoklesschwert.

Aber das Krippenlied schwingt in mir nach: da steht ein Dichter vor der Krippe und singt:

„Ich sehe dich mit Freuden an
und kann mich nicht satt sehen;
und weil ich nun nichts weiter kann,
bleib ich anbetend stehen.
O dass mein Sinn ein Abgrund wär
und meine Seel ein weites Meer,
dass ich dich möchte fassen!“

 Aber nun Paulus: gar nicht im Überschwang. Sondern:

„ich war bei euch in Schwachheit und in Furcht und mit großem Zittern“ schreibt Paulus ehrlich. Und dass er das schreiben muss an die Gemeinde, die er gegründet hat, heißt doch auch, das seine Lehre niemals unbestritten dastand, überwältigend wie das System von Aristoteles oder unanfechtbar wie die beißende Kritik eines Sokrates.

Was Paulus da sagt, klingt immer noch paradox, ja absurd wie am ersten Tag.

Ich will unter euch nichts zu wissen als allein Jesus Christus, ihn, den Gekreuzigten.

Es geht nicht um die hohe Philosophie, nur die wenigsten durchdringen und auch ich habe einmal erlebt, wie sich mein jugendlicher Geist aufschwang in die Höhe der Philosophieseminare von Reiner Wiehl bis ich plötzlich gegen eine unsichtbare gläserne Decke stieß – ich konnte hindurchsehen und sah die höchststehendsten Erkenntnisse, die Menschen haben können, aber stieß mir schmerzhaft den Kopf an und brach mir fast das Genick, bevor ich hinabtrudelte wie Ikarus, der mit seinen von Wachs zusammengehaltenen Federschwingen der Sonne zu nah gekommen war.

Nein, mir stehen auch nicht die „überredenden Worten der Weisheit“ zur Verfügung, die nach Paulus nur den Vollkommensten und Klügsten zustehen. Ich bin ein einfacher Pfarrer und muss reden zu euch, was ich gehört und gesehen und verstanden habe.

Sondern wir reden von der Weisheit Gottes, die im Geheimnis verborgen ist, die Gott vorherbestimmt hat vor aller Zeit zu unserer Herrlichkeit, 8 die keiner von den Herrschern dieser Welt erkannt hat; denn wenn sie die erkannt hätten, hätten sie den Herrn der Herrlichkeit nicht gekreuzigt.

Ein wenig flirtet Paulus mit den damaligen Mysterienreligionen. Wir würden sagen- Esoterik. Geheimnis nach Geheimnis wird denen eröffnet, die eifrig sich auf die mystischen Meister einlassen, einen Kurs nach dem anderen bezahlen, bis sie schließlich erleuchtet über den anderen schweben. Eingeweiht in die Geheimnisse des Lebens, die anderen, die sich nicht bemühen und auch nicht so viel investieren können in wunderbare Seminare in der Toscana für immer verschlossen bleiben.

Paulus redet zwar von Geheimnissen, von der „Sophia“ in Gott, aber er macht kein Geheimnis daraus sondern legt das Geheimnis einfach offen hin:

»Was kein Auge gesehen hat und kein Ohr gehört hat und in keines Menschen Herz gekommen ist, was Gott bereitet hat denen, die ihn lieben.« Uns aber hat es Gott offenbart durch den Geist; denn der Geist erforscht alle Dinge, auch die Tiefen Gottes.

Vielleicht denkt ihr wie ein Kierkegaard gedacht hat: „Der Glaube ist das Größte und Schwerste“ / „Der Glaube beginnt gerade da, wo das Denken aufhört“. Tatsächlich ist da eine Grenze. Oder nicht eine Grenze, sondern ein großer Unterschied.

Es geht um das, was ein Mensch wissen kann. Und das was Gott weiß.

Wissen von uns Menschen und die Weisheit Gottes. O dass mein Sinn ein Abgrund wär …

Zurzeit ist unglaublich viel von Wissenschaft die Rede, hauptsächlich der Biologie und Medizin. Die modernen Wissenschaften werden manchmal als „gottlos“ bezeichnet. So oft, dass die Wissenschaftler manchmal selbst meinen, sie könnten nicht an Gott glauben, weil es nichts anderes gibt als das Wissen.

Dabei geht es nur darum, dass wir nicht selbst einfach Gott einsetzen, wenn unsere Untersuchungen nicht weiterkommen. Das birgt nämlich die Gefahr, das neue Erkenntnisse so wirken, als müsse sich Gott wieder zurückziehen, bis er schließlich überhaupt keine Aufgabe mehr hat. Beispiel: Wenn Gott früher für den Donner und Blitz zuständig war, dann war er diese Aufgabe spätestens nach den Untersuchungen von Benjamin Franklin zum Gewitter wieder los. Deshalb haben christliche Wissenschaftler wie Hugo Grotius in seinem berühmt gewordenen Satz gesagt: Wir müssen forschen und arbeiten, als ob es Gott nicht gäbe. Aber dieser methodische Atheismus ist zutiefst aus der christlichen Kultur entstanden, weil diese Denker bescheiden die Grenzen ihres Wissens gegenüber dem Glauben kannten. Oh, ich merke ich drifte ab und komme doch mit den Argumenten der höchsten Erkenntnistheorie. Wer da mehr erfahren will, ist eingeladen zu dem nächsten Philosophischen Cafe leider über Zoom mit Dr. Edmund Sandermann und unserem klugen ehemaligen Vikar Christian Kamleiter.

Nur soviel: Auch bei Luther begegnet uns das „Etsi deus non daretur“, lebenspraktisch. Der Rat der Stadt „soll sich stellen, als wäre kein Gott da und müsste sich selbst erretten und selbst regieren, gleich wie ein Hausherr soll arbeiten, als wollte er sich mit der Arbeit ernähren. Aber er soll sich davor hüten, dass sein Herz sich verlasse auf solches sein Tun.“

Ich bekomme wieder Furcht und Zittern. Denn mit dem was ich sage, kann man nicht einmal eine Stadt oder Kirchengemeinde „regieren“. Diese praktische Vernunft wird immer wieder den Herrn der Herrlichkeit nicht erkennen und ihn als religiösen Unruhestifter kreuzigen, wie Paulus schreibt:

„Die Herrlichkeit, die keiner von den Herrschern dieser Welt erkannt hat; denn wenn sie die erkannt hätten, hätten sie den Herrn der Herrlichkeit nicht gekreuzigt.“

Kupferspiegel aus Zypern (Eisenzeit) wibilex

Liebe Gemeinde,

versteht ihr das Problem? Alles Wissen, alle medizinische Forschung, auch die Tiefenpsychologie der Seele, auch die Astronomie und sogar die Wissenschaften Recht und Soziologie, all die Lebensratgeber und Kurse, die Leib und Seele zu höherem berufen, lassen uns „nur“ bei uns selber bleiben. Da ist eine Wand, oder wie ich erzählte, eine Decke. Vielleicht ein Spiegel, in dem wir uns nur selber sehen. Das ist schon viel. Aber weiter kommen wir da nicht. Außer der Geist erhellt diesen Spiegel und wir sehen hindurch, wie wir erkannt sind. (1 Kor 13)

Von uns aus gesehen können wir alle nur Wein zu Wasser machen. 

10 Uns aber hat es Gott offenbart durch den Geist; denn der Geist erforscht alle Dinge, auch die Tiefen Gottes. 11 Denn welcher Mensch weiß, was im Menschen ist, als allein der Geist des Menschen, der in ihm ist? So weiß auch niemand, was in Gott ist, als allein der Geist Gottes.

Jetzt sind wir da. Ein Sprung in den Glauben. Zauberwerk? Wasser zu Wein?

Der Geist Gottes. Der schon im 2. Vers der Genesis, ganz am Anfang über der Tiefe, Tehom, der Urflut „schwebt“ oder vielmehr sich suchend und verstehend bewegt. Mit dem Geist Gottes können wir nicht denken oder Reden. Er ist nicht „deus ex machina“, der uns einfach zur Verfügung steht, wenn wir Prediger nicht weiter wissen. Dieser Geist Gottes führt uns in die Tiefe.

In der Tiefe ist Wahrheit. Aber nicht einer eingebildeten typisch deutschen Tiefsinnigkeit. Sondern in der wirklichen Tiefe des Todes. Der gekreuzigte Christus. Hinabgestiegen in das Reich des Todes. 

Das Erkennungszeichen.

Heute am 2.Epiphanias ist ein Trinitatisfest. Vater und Sohn feiern wir an Weihnachten. Aber ohne Himmel und Erde, ohne Anfang und Ende, ohne die Bewegung Gottes zu uns, in unser Herz, ohne den Glauben, den der Geist in uns weckt und schenkt, bleibt Jesus nur eine historische Denkfigur.

Und wenn der Geist nicht verfügbar ist? Es hier kalt und verlassen ist? Und ich mich alleine und verzweifelt fühle. So ist er doch da: Mit Furcht und Zittern. In Not und Zweifel. Der Christusgeist, den Paulus beschreibt.

So ist der Geist Christi, schreibt Bonhoeffer aus dem Gefängnis an seinen Freund Eberhard Bethge mit seinem unvollendeten Entwurf der „mündigen Welt“: einer Welt ohne Gott und doch mit Gott.

„Hier liegt der entscheidende Unterschied zu allen Religionen. Die Religiosität des Menschen weist ihn in seiner Not an die Macht Gottes in der Welt, Gott ist der Deus ex machina . Die Bibel weist den Menschen an die Ohnmacht und das Leiden Gottes; nur der leidende Gott kann helfen. Insofern kann man sagen, daß die beschriebene Entwicklung zur Mündigkeit der Welt, durch die mit einer falschen Gottesvorstellung aufgeräumt wird, den Blick freimacht für den Gott der Bibel, der durch seine Ohnmacht in der Welt Macht und Raum gewinnt.“

Aus der Tiefe rufe ich zu dir, Herr höre meine Stimme  Ps 130.

Der Geist leitet uns nicht an zum Denken, sondern zum Danken, zum Beten, zur Freude, zum Singen und Dichten.

heute am 2. Sonntag nach Epiphanias, da ist das Thema Freude. Da hören wir davon, dass erhoben wird, wer in der Tiefe sitzt. Das am Ende all unserer Bemühungen zu verstehen und zu wissen, eine Freude steht, die Bach so besingt:

Jesu, meine Freude,
meines Herzens Weide,
Jesu, meine Zier.
Ach, wie lang, ach lange
ist dem Herzen bange,
und verlangt nach dir!
Gottes Lamm, mein Bräutigam,
außer dir soll mir auf Erden
nichts sonst Liebers werden.

Und das tun wir vorläufig nun auch.

396 1.3.6 Jesu meine Freude

Weihnachtliches Konzert der evangelischen Stadtstreicher aus der Johanniskirche Sonntag, 19.12.2021, 17:00 Uhr als Livestream

Am Sonntag, den 4. Advent, den 19.12.21 laden die Laufer Stadtstreicher um 17 Uhr zu ihrem festlichen Konzert aus der Johanniskirche als Livestream ein. Unter Leitung von Heidi Braun erklingen Werke von G. Holst, J. S. Svendsen, H. Hartl und Joh. Seb. Bach.

Hier kommen Sie direkt zum Livestream Video ab 4. Advent Sonntag 17 Uhr.

Diese technisch aufwendige Produktion können Sie kostenlos sehen. Wir freuen uns aber über Ihre Spende für die musikalische Arbeit in unserer Kirchengemeinde.

Zu Beginn musiziert das Orchester die „St. Pauls Suite“ von G. Holst (1874-1934). G. Holst, ein englischer Komponist, war fasziniert von Irischer und Schottischer Folklore und verwendete gern Melodien aus dieser Tradition in seinen Stücken. So gelang ihm eine schwungvolle, mitreißende Kompostion.

J. S. Svendsen (1840-1911) war norwegischer Geiger und Komponist. Die Romanze G-Dur für Solovioline und Orchester op. 26 ist eines seiner populärsten Werke. Besonders beeindrucken die wechselnden Klangfarben und interessanten Harmonien des Stückes. Unsere junge Solistin ist die 14-jährige Geigerin Lina Kupper, die auch Mitglied des Orchesters ist und beim Wettbewerb „Jugend musiziert“ bereits Erfolge auf Regional- und Landesebene erzielt hat.

Heinrich Hartl (geb. 1953) ist Nürnberger Komponist, Organist, Pianist und Dozent. Sein kompositorisches Schaffen umfasst Chor-, Orchester- und Kammermusik. Zur Aufführung gelangt sein Concerto Gregoriano op. 6. Thematische Grundlage sind ein Gregorianischer Choral und der Osterhymnus „Christ ist erstanden“. Daraus entwickelt Hartl ein dreisätziges meditatives Werk, das durch einfallsreiche Rhythmik und wirkungsvolle Klangbilder beeindruckt.

Zum Abschluss erklingt die Orchestersuite h-Moll Nr. 2 von J. S. Bach (1685-1750) füt Soloflöte und Streicher. Christine Theuerkauf, Laufer Musikpädagogin und vielfach bekannte Solistin übernimmt den Solopart. Es handelt sich bei der Suite um eine festliche französische Ouverture, und eine Folge von Tanzsätzen. Teilweise spielt die Soloflöte die Stimme der Violine 1 mit, an anderen Stellen bezaubert sie durch höchst virtuose Passagen.

Konzertmitschnitt vom 11. Juli 2021 aus der Evang. Johanniskirche Lauf

  • Allegro piacevole – Serenade e-Moll – Elgar 00:03:28

1. Satz: Allegro piacevole Edward Elgar, Serenade e-Moll, op. 20, für Streichorchester. Konzertmitschnitt und Produktion: Tonstudio H. Braun, Lauf

Kornelis H. Miskotte, Wenn die Götter schweigen S.284-290

Teil II/3 Der Überschuss – Kapitel: Die Erwartung

George Bush and his wife Barbara sit in their bed as six of their fourteen grandchildren play around them in Washington, D.C. Bush was born June 12, 1924 in Milton, Massachusetts. He attended both Phillips Academy in Andover and Yale University. (Photo by Liaison)

Im Alten Testament ist kein Raum für eine logische Entwicklung des Seins der Schöpfung zu dem Vollkommenersein einer neuen Welt, aber ebenso wenig für einen Mut der Verzweiflung, der daraus entspränge, dass für den Sinn der Dinge kein Grund zu finden ist in ihrem Ursprung; der Grund liegt in der Mitte. Und dies ist nun genau das, was das Paradox Ruhe der messianischen Erwartung rechtfertigt. Die Figuren der fortschreitenden Erzählung (zu denen auch wir selbst gehören) leben nicht deshalb in der Erwartung, weil die Erzählung fortschreitet und ein glücklicher Ausgang ihren Schluss bilden muss, auch nicht deshalb, weil sie sich in einer Art „Entschlossenheit” für Tod und Untergang, Wiederkehr und Aufschwung offenhielten; sie leben in der Erwartung, weil sie ihre Zuflucht nehmen zu dem Namen, der in der Mitte der Zeit hindurchgebrochen ist, um Gestalt, Wort, Zeichen anzunehmen. S.289-290

Teil II/3 Der Überschuss – Kapitel: Die Erwartung

Neben den Mächten und den Göttern, dem Leid und der Müdigkeit, neben dem Eros und der Politik gibt es noch ein Moment, das im neutestamentlichen Zeugnis zwar vorausgesetzt und zusammengefasst ist, nicht aber eine Schlüsselposition innehat oder mit nuancierter Ausführlichkeit zur Sprache kommt. Wenn wir in dieser Sache das Alte Testament ignorieren oder es bloß rezitieren, aber nicht auslegen und verkündigen, verfehlen wir den gültigen „Anknüpfungspunkt” für das Kerygma. Das Hören des Alten Testaments ist nämlich der eine Anknüpfungspunkt, auf den es für das Hören des Neuen ankommt; und zwar muss man es, ohne die Einheit der Testamente aus dem Auge zu verlieren, für sich selbst sprechen lassen. Das gilt namentlich für das Moment der Erwartung. Zu den Vorstellungen, die das Gemüt des modernen Menschen, sofern er noch ein Suchender ist, belasten, gehört auch die, dass die Christen sich für „erlöst” halten, dass sie zwar in der Welt bleiben, aber nicht ihrem Auftrag getreu, dass sie die Welt abschreiben und verloren geben. Dass nach der mit Christi erster Erscheinung eingetretenen Erfüllung die Erwartung erst recht lebendig und kräftig wird – es ist die Schuld der berufsmäßigen Gläubigen, wenn das für Tausende innerhalb und außerhalb der Kirche eine Neuigkeit ist.[1]

Wir müssten einen Begriff davon haben, wie viele Menschen bewusst oder unbewusst an dieser Welt leiden, um ahnungsweise zu erfassen, wie sie sich von uns im Stich gelassen fühlen. Diese Menschen sind aus jeder Sphärenharmonie weit hinausgeschleudert, und sie können in einem Haus ohne Fenster nach den letzten Dingen hin, wie z. B. die katholische Kirche, niemals heimisch werden. Sind bei uns diese Fenster nicht beschlagen? Und können wir es nicht verstehen, wenn, bei all unseren Beteuerungen von Frieden und Seligkeit oder auch von partikulärer Misere, in diesen (wie man sagt) „jüdischen“ Geistern ein Gefühl von Beengung aufsteigt – wobei wir dann noch von Glück sagen können, wenn dieses Gefühl nur erst in ein Misstrauen gegen alle solche „großen Worte” umschlägt und weithin noch nicht in finsteren Hass?

Die Kräfte der Zerstörung sind unermesslich, der Mensch tritt ihnen siegreicher entgegen und fällt ihnen zugleich mehr zum Opfer als jemals zuvor. Er hängt über einer fürchterlichen Leere; und wer führt und bewahrt ihn, wer hält ihn zurück von dem Sturz in den kollektiven Wahnsinn? Ist es da nicht eine Ruchlosigkeit, ihm etwas von besseren Zeiten vorzusingen, die (für Christen) schon gekommen wären, und von allerschönsten Inseln der Seligen (für viele? für Herrn Jedermann im nächsten Jahrhundert?)? Das eine wie das andere wird als Betrug, als „escapism”, als „mauvaise foi” empfunden und demaskiert. Die Bilder, welche Karl Kraus schon nach dem ersten Weltkrieg in einem enormen Fresko als „Die letzten Tage der Menschheit“ hingestellt hat, brennend von verzehrender Sprache, sind inzwischen von den späteren Gräueln überholt. In früheren Zeiten durchbrach man den Ring der Dämonie und suchte einen [S. 286 ll/3 Der Überschuss] Ausweg nach innen, nach oben. „Die Aussicht ist nach oben uns verrannt“, wie auch nach innen; und es stellt sich heraus, dass es nicht einmal zwei Wege waren, sondern ein einziger Doppel-Weg. Wo gibt es hüben und drüben einen Anfang von Verständnis? In „Monsieur Ouine” (deutsch: „Die tote Gemeinde“) hören wir den Weheruf des Dichters Bernanos: „Die Christenheit ist tot. Europa krepiert.“ Es ist schlimm, dass weder Christen noch Antichristen entdeckt zu haben scheinen, dass es die Erwartung war, die da starb. Man könnte sagen, es ist mitunter die Stunde des „heiligen Krieges“ gegen die Verzweiflung, d.h. es ist die Stunde, wo der Glaube der Herkunft seiner Haltung eben vom heiligen Kriege innewird, in unmöglicher Position zwischen den Fronten das Unmögliche zu erwarten und zu leisten, fast wehrlos, nein ganz wehrlos auf Gott geworfen. Aber solche Haltung liegt gerade den Christenmenschen fern.

Und was noch schlimmer ist: indem es der Kirche selbst außer an der Erwartung in der Geschichte auch an der Mystik im geistlichen Leben zu mangeln scheint, haben viele sich voller Enttäuschung selbst eingemauert – ehedem, mit Maeterlinck oder Anker Larsen, in eine selbstverfertigte mystische Sphäre, heute, mit Heidegger und Sartre, in existentielle Verschlossenheit. Sehr oft sind die Spuren dieser Flucht, die Züge der Betäubung, noch zu spüren. Diese Welt wird nicht mehr als vernünftig hingenommen; und sich selbst kann man eigentlich nicht anders sehen denn als ein unakzeptables, im All auf den verkehrten Platz gestelltes Wesen, überschätzt und überlastet. Was an dem echten Nihilismus echt sein könnte, ist eben dies, dass auch der Super-Gott der Mystik als eine Ausflucht abgewiesen wird. „Gott ist tot“, und der Mensch wird sich selbst ein Fremder, er findet nicht mehr zu einem eigenen Schicksal, weil kein Schuldbewusstsein, aber auch kein Mut mehr in ihm ist. Was muss das für die Politik bedeuten, jetzt, da die überpolitische Sphäre der Mystik (von Ausnahmen wie, zeitweise, Aldous Huxley abgesehen) ihre Funktion nicht mehr erfüllt! Zu was für einer Anhäufung von Machtlosigkeiten muss das führen – unter der Hülle der Potenz des Wohlfahrtsstaates! Wie sollte man im Blick auf die Zukunft der Welt einen anderen Glauben aufbringen können als das, was die Technokratie uns als solchen aufdrängt? Es bleibt vielsagend, dass die Verzweiflung bei dem „dritten Menschen” schon epidemische Formen annimmt. Wie kommt es, dass „Huis clos” von Sartre und ebenso Millers „Tod eines Handlungsreisenden“ Kassenschlager werden konnten?

Das Schweigen der Götter und die Ambivalenz des Nihilismus schließen nicht aus, dass sich der „dritte Mensch“ betäuben kann an der Verzweiflung; Verzweiflung ist ein Opium für das schwindlig gewordene Hirn [287] der Vernunft, eine Lust an dem Schauspiel, wie die lebendigen Strukturen des Daseins zerstückt und ihre Knochen freigelegt werden, ein Äußerstes an Erlebnis eines immer weiträumigeren Alls, das immer gewisser als ein geschlossenes erkannt wird. Das soll dann „Wahrhaftigkeit“ sein. Es muss die Erwartung definitiv abschneiden. Das ist auch der Fall, wenn man die Eschatologie als eine Sache der persönlichen Entscheidung deutet und lehrt, bei Paulus z.B. sei „die Geschichte in der Eschatologie untergegangen”, in dem Sinne, dass die „letzten Dinge” ins Heute, ins Innere verlegt werden. „Die entscheidende Geschichte ist nicht die Weltgeschichte, die Geschichte Israels und der anderen Völker, sondern die Geschichte, die jeder Einzelne selbst erfährt“; „das Jetzt erhält eschatologischen Charakter durch die Begegnung mit Christus oder mit dem Wort, das ihn verkündet, weil in der Begegnung mit ihm die Welt und ihre Geschichte zu ihrem Ende kommen und der Glaube als neues Geschöpf ,entweltlicht’ ist.“[2]

Manchem mag solcher Doketismus als Ausweg aus den Verlegenheiten, die uns gefangen halten, einleuchten. Aber den Menschen ist nicht damit gedient, dass „Himmel und Erde” aus dem Blickfeld gerückt und dass die „Taten Gottes” vom Horizont weggewischt werden.[3]

Diese Welt, so muss der „dritte Mensch” aus dem Alten Testament neu hören, ist als offene Welt geschaffen; das Letzte ist noch nicht geschehen, und die totale Erneuerung ist noch nicht erschienen. Das Kommen JHWHs wird im Alten Testament schon in den ersten keimhaften Vorstellungen als eine Wiederkehr des Paradieses verstanden. Das heilige Land steht schon für das verlorene Eden (Ex. 3, 8. 17; 13, S; 33, 3; Num. 23, 21 f.; 24, 7). Der Mythos wird zum Kleid einer Erwartung, die aus der heiligen Geschichte selbst aufgestiegen ist, sowohl in dem Sinne, dass der Messias die Welt vollenden wird, als auch in dem Sinne, dass der Geist die Herzen erneuert (Jes. 9, 6; Jer. 23, 6; Sach. 9, 10; Ez. 37, 24; Jes. 2, 2 ff.; Jer. 31, 33; Ez. 36, 25 ff.; Jes. 30, 20 ff.). Das „geistliche Verständnis von Gottes Wort” (Gunning), das sehr eindeutige Gegenteil einer „Vergeistigung“, führt zu einem Realismus der Momente, der Zeitaufnahmen und ihrer Strahlung[4]; und die theologische Erklärung der Texte, scharf und leicht zu unterscheiden von „pneumatischer” Exegese, beugt den menschlichen Geist unter das objektive Geschehen der Verheißung, auf das unser Pneuma nicht rechnet, nach dem es in seiner Niedergeschlagenheit nicht einmal mehr ein Bedürfnis zu haben scheint, seitdem wir gefangen liegen in unserer subjektiven religiösen oder nichtreligiösen Welt, die eben keine Welt mehr ist.

Mit dieser Niedergeschlagenheit ist stets zu rechnen. Sie scheint der Dunstkreis und der Niederschlag verdrängter Angst vor der Sinnlosigkeit des Daseins zu sein. Und es scheint möglich zu sein, dass man in diesen Zweifel versunken bleibt, während man mit dem geistlichen Gehör das Gotteswort vernommen hat. Es scheint, dass viele oder manche die These Tillichs bestätigen, die Tat der Annahme der Sinnlosigkeit sei in sich selbst eine sinnvolle Tat.[5] Kein Wunder, dass tatsächlich das Lautwerden der Verheißung jedes Mal ein die Niedergeschlagenheit, die Selbstbetrachtung und die Tatsachen-Abschätzung transzendierendes Geschehen(!) sein muss. So finden wir es auch bei den Propheten, namentlich bei Jeremia.

Die Erwartung eines kreativen Handelns Gottes, das alle Dinge neu macht, ist auch darum in Predigt und Unterweisung so notwendig, weil der wehrhafte Mensch, der nicht in dem spukhaften Nirwana seiner Seele untergehen will, eine Dennoch-Position beziehen kann; in dem Bewusstsein einer vertikal von oben einfallenden Verpflichtung, das Gute zu tun unter Absehung von der Hoffnungslosigkeit auf der Horizontalen, feiert er seine Kreativität. Geben wir uns nicht der Meinung hin, die Wurzel solcher Erwägungen liege einzig in der intellektuellen Tätigkeit von einzelnen, hochentwickelten Trotz-Geistern! Auch einfache Menschen leben oft entweder sachlich, ohne Hoffnung, in einem halb bewussten tragischen Heroismus, oder in sittlichem Ernst, der sich gegen das alldurchdringende Gefühl der Zwecklosigkeit des Daseins zu behaupten trachtet, auf Hoffnung gegen Hoffnung, und sich des rechten Weges wohl bewusst zu bleiben scheint.

Auf diesem Wege trifft man auf die tödliche Idee (oder man entgeht ihr nur um Haaresbreite), dass der Mensch edler sei als Gott oder das, was Gott genannt wird. Denn Gott hat keine offene Welt zu bieten, obschon er reich genug ist; wir aber halten mit armen ohnmächtigen Händen stand und graben nach dem Als-ob des Offenen. Was hat die Kirche zu sagen? Sie soll die auf das Heute und Morgen gerichtete Erwartung in die Welt tragen durch ihre Präsenz, ihre exemplarische Existenz als enttäuschtes und doch bräutliches Herz. Da ist eine Erfüllung wie eine Verlobung vorausgesetzt. Sie soll aber nicht in räumlichen Vorstellungen von oben und unten, sondern in zeitlichen von jetzt und dann denken. Sie muss es sich verboten sein lassen, das Dann in eine undenkbare Ferne zu verlegen. Sie kann es sich nicht leisten, nachdem sie ehemals in einer verschlossenen Welt Unruhe gestiftet hat, jetzt, aus Ermüdung, diese Welt hinzunehmen, wie sie ist, und sich nur noch der Seelsorge zu widmen, als ob die Aussicht, dass die überpersönlichen Mächte ihrem Gericht, ihrer Befreiung und ihrem neuen Dienst entgegengehen, ihr vom Horizont weggewischt sei. Es ist nichts mit einer Seelsorge, die den Menschen nicht in seiner Welt (die mehr und mehr mit der einen Welt in ihrer geschichtlichen Bewegung zusammenfallen dürfte) aufsucht und aufweckt, speist und tränkt mit dem täglichen Mahl der Erwartung. Die Kirche darf nicht die sittliche Beunruhigung in die Welt tragen, ohne die Ruhe in Gott zu verkündigen: aber die Ruhe in Gott kann nicht rein persönlich aufgefasst werden; der Mensch steht in der Gemeinde, die selber, von ihrem eigenen Ursprung her, gezeichnet ist durch die Entfremdung von dem Gegebenen, durch ein Sich loswinden aus dem Griff der Urmächte, auch durch ein Verbundensein mit dem kommenden Glanz einer Welt, die man nicht kennt. Die Gemeinde in Kultus und Politik, als Anbetungsgemeinschaft und als Heerschar von Nonconformisten ist niemals beunruhigt, ohne von der Ruhe in Gott zu wissen als von Gottes eigener Ruhe. Ist es doch die Ruhe dessen, der nicht fahren lässt das Werk seiner Hände, jenes Werk, von dem wir höchstens ein kleiner Teil sind. Es ist die Ruhe der messianischen Erwartung.[6] Der brahmanische Spruch: „In dem stillstehenden Ewigen ruht dahineilend die Zeit“ wird durch den Namen umgekehrt: In dem gespannten Geschehen ruht segnend die ewige Treue.

Beim Reden über diese Erwartung muss wohl bedacht werden, dass das Alte Testament (um die gängigen Ausdrücke zu verwenden) existentialistisch” und nicht „essentialistisch” ist. Für unseren Zusammenhang bedeutet das dies, dass mit dem Verfall der Erwartung unmittelbar Hand in Hand ein Verschwimmen, Sich-Verflüchtigen der Schöpfung geht (wie wir es etwa an der Funktion des Wortes „vergeblich” beim Prediger sehen). Im Alten Testament ist kein Raum für eine logische Entwicklung des Seins der Schöpfung zu dem Vollkommenersein einer neuen Welt, aber ebenso wenig für einen Mut der Verzweiflung, der daraus entspränge, dass für den Sinn der Dinge kein Grund zu finden ist in ihrem Ursprung; der Grund liegt in der Mitte. Und dies ist nun genau das, was das Paradox Ruhe der messianischen Erwartung rechtfertigt. Die Figuren der fortschreitenden Erzählung (zu denen auch wir selbst gehören) leben nicht deshalb in der Erwartung, weil die Erzählung fortschreitet und ein glücklicher Ausgang ihren Schluss bilden muss, auch nicht deshalb, weil sie sich in einer Art „Entschlossenheit” für Tod und Untergang, Wiederkehr und Aufschwung offenhielten; sie leben in der Erwartung, weil sie ihre Zuflucht nehmen zu dem Namen, der in der Mitte der Zeit hindurchgebrochen ist, um Gestalt, Wort, Zeichen anzunehmen.

Ist doch mein König

von ureinst her

der Befreiungen wirkt

im Innern des Erdlands

(Ps. 74, 12).


[1] “The moral tragedy of human life comes almost wholly from that fact that the link is ruptured, which normally should hold between vision of ehe truth and action and that this pungent sense of reality will not attack to certain ideas” (William James, Principles of Psychology II, S. 541) – man könnte dies den ersten vergleichs­weise harmlosen Keim der späteren, epidemisch gewordenen Verzweiflung nennen.

[2] Rudolf Bultmann, Geschichte und Eschatologie im Neuen Testament, 1954, in: Glauben und Verstehen III, 1960, S. 102, 105.

[3] Vgl. J- M. de Jong, Kerugma, een oderzoek naar de vooronderstellingen van de theologie van Rudolf Bultmann, 1958, S. 268 f., 275 f,. 292 f., 346.

[4] J. H. Gunning, Blikken in de Openbaring I, 1866, S. 165 ff.; vgl. D. Chantepie de Ja Saussaye, De Toekomst, 1868, S. 96 ff.

[5] Paul Tillich, Der Mut zum Sein, S. 137

[6] Vgl. Hans Kohn, Martin Buber, Ein Versuch über Religion und Politik, S. 233, 245, 275 f., und wie dort diese „Ruhe” fehlt.

“Alles gut!?” Buß- und Bettag 2021 – Predigt von Pfarrer Jan-Peter Hanstein

Spoilergefahr. Entweder um 19 Uhr kommen oder hier lesen …

PREDIGT Es gilt das gesprochene Wort

Ja – Hallo? – Hast du ein wenig Zeit?

Kannst du mich gut hören? Die Verbindung ist schlecht! Wo treibst du dich denn rum? Willst du nicht sagen?

Ok – hast du gerade eine Minute Zeit? Alle Ewigkeit? Danke.

Alles wieder gut?! Fragst Du??

Oh Mann, bitte frag nicht. Klar, Mir geht’s gut. Den Kindern. Wir hatten einen schönen, im Rückblick traumhaften Sommer.

Ja, es geht uns gut. Aber „alles gut!?“ das klingt nach maximaler Katastrophe. Ist bei dir alles gut? Wie immer

Eigentlich habe ich ja gar keine Lust groß zu reden. Ich sitze morgens und lese Zeitung. Die Nachrichten kommen so auf meinem Handy an. Ich bin geschockt.

„Alles wieder gut?!“ Was denken die sich?

Nichts ist gut in Deutschistan!

Nichts ist gut in Afghanistan, hat einmal eine Bischöfin gesagt und sie ist dafür sehr getadelt worden. 10 Jahre sah jeder, dass sie mehr als Recht hatte. Zu spät. Und sie war auch keine Bischöfin mehr. Propheten halt. Und jetzt? Nichts ist gut in Deutschland!

Was meinst du, wie sich das anfühlt, als ich den Satz gelesen habe. Auf diesem Plakat im Schaukasten. So schön in blau gehalten als wäre es Himmelfahrt im Mai und nicht ein bleigrauer Buss- und Bett-Tag im November.

„alles gut!?“ Wer das wieder geschrieben hat. Der doofe Pfarrer dachte bei der Ankündigung vor ein paar Wochen wirklich noch, wir wären hindurch. Ich gebe es ja zu – ich hab das auch gehofft. Dass all die miespetrigen schlechtgelaunten Virologen falsch liegen. Warum müssen die recht haben, die mal kurz die Welt und unsere Lebenszeit angehalten haben. Alles Räder stehen still, wenn der Virolog es will. Das war doch früher mal ein Statement der Arbeit oder heutzutage Lokführer.

Hast du mitbekommen…. Freilich. Jaja – ich verstehe schon. Du auch.

Nein, hör auf zu sagen „alles wird gut“ – willst du mich wahnsinnig machen. Mich trösten?

Was hilft denn jetzt noch? Beten vielleicht. Sind wir schon so weit?

Wir – wir waren auf so einem guten Weg. Alles ging so schnell. Wer hat’s erfunden? Nein nicht die Schweizer. Diesmal nicht. Wir Deutschen. oder besser unsere türkischstämmigen Staatsbürger. Und jetzt?

Die ganze Welt sieht ungläubig auf uns und staunt. Das Volk der Dichter und Denker oder eher der Richter und Henker? Wie konnte das passieren?

Dich darf ich nicht fragen, sagst du? Ja wen denn dann, verdammt noch mal?

Wer ist denn verantwortlich für dieses Schlamassl – ach viel zu harmlos. Schlamassl – Das klingt nach unaufgeräumten Kinderzimmer.  Ach, du sprichst auch Hebräisch, das Gegenteil von Massl Tov? 

Eine Katastrophe, kann ich dir sagen. Überhaupt nicht lustig. Ich fühle mich als wäre ich auf so einem Riesen-Schiff. Einer der Passagiere. Das Ding fährt voll Stoff. Maximaltempo. Und dann siehst du da vorne die Eisberge. Noch weit weg. Aber zu nah, dass das Schiff noch anhalten könnte. Halt halt… rufen alle. Aber es ist zu spät. Ist doch egal. Jetzt. Weiterfahren… war das was? Auf einem gottverfluchten Seelenverkäufe sitzen wir. Da sitzen die Politiker*innen seelenruhig, verhandeln das Komma hinterm Satz vom Koalitionsvertrag und draußen sterben die Leut. Und die anderen sind sauer, weil wir sie nicht mehr gewählt haben und sagen: geschieht ihnen recht. Haben wir doch gesagt, was passiert. Ich bin doch kein Papagei, der immer alles wiederholen muss. So ein Merkel-Papagei. Die immer dasselbe sagt, bis es der letzte kapiert hat. Das ist doch ein Auslaufmodell. Hätt ich auch nie geglaubt, dass ich das einmal gut finden würde.

Ich soll mal langsam machen? Zu politisch? Weil Buss- und Bettag ist?

Warum denn? Die einen arbeiten wie immer, die anderen schlafen noch. Glaubst du das kümmert einen? Siehst du denn einen, der umkehrt und Buße tut. Einen, der in sich geht? Einer von denen, die immer als Querdenker bezichnet wurden und diesen Titel für sich ablehnten. Die immer alles in Zweifel gezogen haben und so große Kämpfer für die Freihet waren. Sagt einer von denen??

„Sorry Leute war alles falsch. Ich hab Unsinn erzählt. Das mit dem Impfen ist gar nicht so schlimm. Ich wollte es ja eigentlich sagen. Ich bin längst geimpft. Eigentlich bin ich ja eine Schisser. So ein kleiner Pieks und so ein Aufstand. Ach, ihr habt mir geglaubt und mir vertraut? Vorsicht ist die Mutter der Porzellankiste. Selber schuld, wenn du nicht zweigleisig fährst. Siehst ja wo das hinführt.“

Oder die anderen? “Lass dich impfen und alles wird gut.” Alles nächstes sagten sie:  “Wir sind mit dem Impfen fertig. Will ja keiner mehr.” – Da waren wir vielleicht bei 60%.! “Ach wir können uns auch verzählt haben. Es ist ja so schwer Software zu bedienen. Vielleicht waren es auch 70%. Wie auch immer. Wir machen die Impfzentren zu. Den Rest erledigen die Hausärzte. Außer Impfen haben die ja nichts zu tun. Die anderen Krankheiten sind ja ausgestorben. Stirbt ja nicht einmal mehr einer an Grippe bei all den Masken. Außerdem können wir schon einmal den Freedom Day anpeilen. Hat doch hervorragend geklappt mit diesem Clown von Johnson in Großbritannien. Die ham ja auch Astra Zeneca erfunden. Die Wirkung hält zwar nur 4 Monate an, und bei der Deltavariante liegt die Wirkung eher bei 50%, aber was solls. Ach – wir haben die ganzen Alten, Lehrerinnen und Erzieherinnen im März und April damit gespritzt? Hab ich das angeordnet? Das war doch die Stiko? Wie lange ist das her? Über 6 Monate – nun ja schlecht gelaufen…. Und 15 Millionen warten auf die dritte Impfung. Termine gibt jetzt dafür bis Ende Januar? Welchen Monat haben wir noch einmal? Entschuldigung, ist mir entfallen. Wahlkampf ist immer so ein Reset bei mir. Andere Schlagzeilen müssen her. Außerdem hab ich gefühlt 8 Wochen Urlaub gehabt. Nachgeholt aus dem letzten Jahr. Habe ich nicht sowieso gesagt: es kommt der Moment, an dem wir uns viel zu vergeben haben?“

Wo kehrt einer um? Wo tut hier einer Buße? Ich soll mich mal bremsen? Bringt nichts sich aufzuregen? Ich bin ja nur Glaubende, klar. Meine Aufgabe? Ruhig bleiben in der Katastrophe. An Buß- und Bettag? Not lehrt beten. Schlafschaf oder was??

Ich weiß, ich heiße nicht Thomas Hofmann, Kabarettgottesdienst ist erst im Februar und Karneval ist auch schon wieder vorbei. Außer in Köln. Daran ist bestimmt auch wieder die katholische Kirche schuld, oder? Das Thema ist zu ernst, um Witze zu machen?

Glaubst du ich mache Witze? Ich wird jetzt echt laut. Ich meine das ernst. Ernster als alles was ich bisher erlebt habe. Ich werde wahnsinnig. Du provozierst mich dermaßen. Soll ich mich jetzt hinstellen und mit den Leuten beten? Was ?

Dass es niemals so schlimm kommt, wie man denkt? Nichts wird so heiß gegessen?

Keine Panik auf der Titanic? Hörst du eigentlich meine Verzweiflung!!? ich soll mich lieber fragen, wie das passieren konnte.

Und was sagst du? — Nix?

Du hast schon alles gesagt? Und wo kann ich das nachlesen?

Ich soll einfach den Predigttext lesen und gut ist. Ok.

Wart mal, ich versuch mich zu erinnern.

“Was du nicht willst, dass man dir tu’, das füg auch keinem andern zu.“

Oder so ähnlich… Jesus hat das ja viel positiver gesagt. Ja wie jetzt?

Wart mal.

Wie war das noch mal genau? Ok. Hier stehts.

„Alles, was ihr wollt, dass euch die Menschen tun, das tut auch ihnen!“ 

Klingt einfach. Lass mich nachdenken.

Mein Kollege schreibt unter jedes E-Mail diesen Satz aus dem Talmud. das höchste Gut – anderen nicht zu schaden.

Ja gut, aber ist das alles? was will ich für mich?? Gesundheit, Ruhe, Freiheit.

Also muss ich dafür sorgen, dass es ruhig bleibt, die anderen gesund bleiben und wir alle in Freiheit leben.

Ich will geimpft werden, damit ich für andere ein kleineres Risiko bin und selbst nicht Gefahr laufe, die Kliniken zu belasten.

Dann tue ich es Ihnen auch? Haben wir das nicht versucht mit dem Ideal des freiheitsliebenden, für seine Gesundheit selbstverantwortlichen disziplinierten Bundesbürger? Es ist echt kompliziert.

Kant war auch ein Deutscher: „Handle so, dass du jederzeit wollen kannst, die Maxime deines Handelns solle allgemeines Gesetz werden.“  Der kategorische Imperativ sagt aus, dass man immer so handeln soll, dass es zugleich auch in Ordnung wäre, wenn ALLE so behandelt werden, d.h. auch man selbst.

Eigentlich sonnenklar. Keine Extrawürstchen.

Was erwarten wir jetzt von den anderen? Was werden wir noch geben können?

Wer überhaupt ist wir? Die wir auf Jesus hören? Die wir Christen sind?

Ich frage mich: Wie viel Geduld soll ich noch aufbringen?

Manchmal habe ich den Eindruck, dass wir so ein Menschen immer gleich viel Angst und Schmerz in uns haben. In allen Generationen. Egal wie existenzgefährdend oder harmlos die Herausforderungen sind. Früher waren es die Krankheiten, denen die Menschen hilflos ausgeliefert waren. Sie ergriffen jeden Strohhalm, sogar den Sand haben sie aus den Kirchenmauern gekratzt. Sie haben früher gefährlichste Behandlungen durchgeführt. Mit schrecklichen Nebenwirkungen. Barbarisch erscheint es uns jetzt. Mit Kuhpocken sich impfen lassen und grausame Narben davongetragen. Aber überlebt… Die meisten zumindest! Alles besser als nix.

Heute – je sicherer und erfolgreicher die Medizin geworden ist, umso größer sind unsere Ängste. Ich staune, wie fein austariert heute die wissenschaftlichen Studien sind. Aber es hilft nichts. Die Angst wird eher größer. Und der Unsinn. Die Angst wird nicht geringer. Und das Vertrauen, irgendwie gerettet zu werden auch. Homöopathie vielleicht???

Was geht in uns vor? Was für ein zerstörerischer Trieb lenkt uns? Die einen gelähmt vor Angst, die anderen lassen es zu.

So sieht die große Freiheit aus? Was du willst, was die Menschen dir tun, das tue ihnen auch! Aber Jesus hat nicht mit den Paranoiden gerechnet, bei denen die sich verfolgt fühlen, vergiftet, überwacht. Sieh doch, was die Menschen sich antun!

Und jetzt?

Die Unruhe, das Streiten, das Schimpfen, die Stumpfheit, die Müdigkeit, die Erschöpfung.

Ist das alles Sünde? Was ist denn Sünde? Was kann ich schon tun, diesen großen Zusammenhang? Wenn die Wahrheit auf der Strecke bleibt. Gar nichts mehr geht? Was kann ich da ausrichten? Für andere

Was für eine perverse Kiste! Wie kann es sein, dass es so vielen anderen Menschen schadet, wenn man sich selbst oder seinen Kindern etwas NICHT “zugefügt” also unterlassen hat!

Wie soll das weitergehen?

Glaubst du, dass Umkehr möglich ist?

Wenn wir so ein Riesentanker so ein Containerschiff von deutschem Volk sind, das den Zeitpunkt zur Verzögerung verpasst hat vor 3 Monaten und jetzt noch mit unglaublicher Wucht gegen die Hafenmauer fährt? Und die Bremsung duaert noch einmal 3 Monate und 2 Jahre. Und die auf der Brücke die wissen es die sehen ist aber sie können nichts mehr tun.

Sollen sie dann Buße tun für ihren Fehler? Wie können wir es wieder gut machen?

Ich wiederhole mich. Ich kann nicht mehr.

Ob ich mich jetzt genug ausgekotzt habe?

Frag ja nicht „Alles wieder gut“ sonst beginne ich von vorn. Ja – das ist eine Drohung!!

Ja danke – es geht mir besser.  Ich weiß nicht so recht warum.

Weißt du was? Gerade kommst du mir gar nicht so weit weg vor.. So als würdest du ums Eck wohnen. Als könnte ich dir begegnen Dann werde ich auch mal zuhören. Versprochen.

Danke Gott, dass du mir zugehört hast. Es gibt nicht viele, bei denen ich mein Herz so ausschütten kann. Meine Angst, mein Versagen, meine Trauer. Du bist nicht schuld. Wir sinds. Lass uns retten was zu retten ist. In deinem Namen. Mit Geduld. Und Leidensvermögen. Mit deiner Liebe. Ohne Verurteilungen. Lass uns alle unterstützen, die jetzt in der Katastrophe zusammenbrechen. Und auf uns selbst achten. Keinem ist geholfen, wenn wir uns selbst schaden. Du bist unser Schicksal und nicht das Virus.

Lass uns tun, was du tust.

AMEN

Auf dem Schachbrett der Sorgen und Chancen

Erster Entwurf zur Landesstellenplanung ab dem Jahr 2024 im Dekanat Hersbruck steht – Personalmangel als große Herausforderung

Auf dem Pfarrkonvent in Bad Alexandersbad

Dahinter steckt der so genannte Landesstellenplan der bayerischen Landeskirche. “Alle zehn Jahre wird damit das in Bayern zur Verfügung stehende Personal auf die Dienststellen verteilt”, erklärt Schäfer. Bislang sei es so gewesen, dass die Verantwortlichen in München bemessen hätten, auf wie viel Pfarrstellen eine Kirchengemeinde Anspruch hat. Das habe aber unweigerlich zu Verteilungskämpfen unter den Pfarreien geführt: “Warum müssen wir ein Viertel der Stelle abgeben, wo wir doch gute Arbeit machen?” Die Gemeinden hätten sich dadurch bewertet und ungerecht behandelt gefühlt, weiß Schäfer.

Mit diesem Herangehen ist aber jetzt Schluss, was Schäfer “sehr vernünftig” findet: “Die Landeskirche will nun nicht mehr festschreiben, wie viel Anrecht eine Kirchengemeinde auf einen Pfarrer hat, denn sie hat ja keinen Einblick in die Arbeit vor Ort.” Auch Faktoren wie Kindergarten oder die Anzahl kirchlicher Immobilien fallen nicht mehr ins Gewicht. Den aktuellen Berechnungen lagen die Gemeindegliederzahlen sowie die Fläche des Dekanats zugrunde. Ab Juni 2024 hat der Kirchenbezirk 23,5 Pfarrstellen, 3,5 Diakone und 1,5 Kirchenmusiker für seine 30 Kirchengemeinden zur Verfügung.

Doch das wird noch weniger werden, ist sich Schäfer bewusst. “Daher müssen wir schauen, wo und wie wir die verfügbaren Kräfte am besten einsetzen können und Strukturen schaffen, die Flexibilität für den Einsatz der Mitarbeitenden ermöglicht.” Damit beschäftigen sich Dekanat und Kirchengemeinden seit Jahresanfang in einem transparenten Prozess aus Dekanatssynode, Regionalgesprächen vor Ort, Pfarrkapitel und Vertrauensleute-Ausschuss.

Bei diesen diversen Zusammenkünften wartete Schäfer mit dem “Planspiel 2035” auf. “Anhand der vorliegenden Prognosen haben wir mal überschlagen, wie viel Personal und Geld wir 2035 im Dekanat noch haben werden.” 14,5 Pfarrer, drei Diakone und einen Kirchenmusiker. Doch woher rührt dieser starke prognostizierte Personalmangel? “Eigentlich hat man vor 30 Jahren, in den fetten Jahren, Fehler gemacht, weil damals viele Pfarrer nicht übernommen wurden.” Auch die frühere sicherste Bank für den Nachwuchs, die vielköpfige Pfarrfamilie, gebe es nicht mehr, denkt Schäfer.

Hirte in der Balance

Dazu kämen auch gesellschaftlicher Wandel und die Frage nach Anerkennung sowie Karriere: “Der Flaschenhals wird schnell sehr dünn.” Die Strukturen seien nicht mehr attraktiv für junge Pfarrer; es brauche ein neues Rollenverständnis, ist er überzeugt: “Die jungen Leute wollen nicht mehr der gute Hirte sein, der 24 Stunden für seine Schäfchen da ist.” Work-life-balance, Zeit für Kinder und die Angst vor Überforderung spielten da eine Rolle. Daher sei es wichtig, die äußeren Formen von Kirche zu überdenken und zu transformieren: “Die Tradition wächst aus dem Glauben und nicht umgekehrt.”

Der Landeskirche scheint die Lage bewusst; sie peilt laut Schäfer die nächste Landesstellenplanung bereits in fünf statt zehn Jahren an. Darauf wollen Schäfer & Co. vorbereitet sein: Auf einer Karte des Dekanats sollten die Teilnehmer die 19 Figuren sinnvoll verteilen. “Allen wurde die Dramatik deutlich, wie wenig Hauptamtliche dann noch übrig bleiben.” Elf verschiedene Versionen nahm Schäfer von den Treffen mit. “Es kann nicht die eine perfekte Lösung geben, sondern es geht ums Teilen und Vernetzen, und da setzt jeder andere Schwerpunkte und Kriterien an.”

“Teampfarrämter schaffen Zeit für Gestaltung und neue Formen “

Dekan Tobias Schäfer:

Aus allen Vorschlägen und Gesprächen entstand nun ein erster Entwurf für eine zukunftsfähige Verteilung der Stellen in Form von Regionenbildung beziehungsweise Teampfarrämtern und der Stärkung von dekanatsweiten Diensten in den Bereichen Jugendarbeit, Kirchenmusik und Erwachsenenbildung. “Das Konzept, das bis Weihnachten in verschiedenen Runden auf Gemeinde- und Dekanatsebene diskutiert wird, wurde vom Dekanatsausschuss mit 14:2 Stimmen verabschiedet”, erzählt Schäfer – weil dieses Gremium, das im Sommer 2022 den finalen Plan beschließen wird, “viel Potenzial darin sieht”.

Doch warum? Der Clou heißt Pfarreien- oder Regionenbildung. Ein Beispiel: Drei eigenständige Kirchengemeinden schließen sich zusammen und erhalten so zwei ganze Pfarrstellen. “Da kann sich der eine im Teampfarramt um die Geschäftsführung kümmern, der andere beispielsweise um die Konfi-Arbeit, was Zeit für Gestaltung und neue Formen schafft.” Eine Chance, findet Schäfer. Dazu gibt es für alle ein zentrales Pfarramt, wodurch sich die Sekretärinnenstunden und damit die Erreichbarkeit für die Gemeindeglieder insgesamt erhöhen, die Verwaltung sich aber verschlankt.

Im Högenbachtal mit Eschenbach, Hirschbach, Hartmannshof, Hohenstadt und Pommelsbrunn sei man gedanklich schon auf dem Weg, anderen Kirchengemeinden lege der Entwurf das ebenfalls nahe. “Wenn die Kirchenvorsteher das nicht wollen, dann müssen sie den Verteilungskampf untereinander austragen, aber das wird keiner wirklich wollen, wenn allen die Chance in der Regionenbildung klar ist”, betont Schäfer. Dennoch gebe es Hürden und berechtigte Bedenken, gibt der Dekan zu. “Schwierig wird es dort, wo sich Kirche sichtbar zurückzieht” – es also keinen Pfarrer und kein Pfarramt mehr gibt. Viele fragten sich auch, wie die Aufgaben überhaupt noch bewältigt werden sollen, ob es dann beispielsweise noch einen Frauenkreis vor Ort geben könne – ohne eigenen Pfarrer.

Wohl am größten sei die Angst davor, die Eigenständigkeit zu verlieren, hat Schäfer den Eindruck: “Es geht nicht um eine Fusion, sondern jede Gemeinde bleibt autark, nur der zuständige Pfarrer wohnt halt woanders.” Seine Erfahrung habe ihn gelehrt, dass Gemeinden in neuen Pfarreien meist zuerst sehr getrennt gearbeitet hätten, die Durchlässigkeit sich aber angesichts der wachsenden gemeinsamen Herausforderungen erhöht habe.

Form für Seelsorge

Einen weiteren Kritikpunkt am Entwurf kann Schäfer dagegen nachvollziehen: “Wir haben in diesem Entwurf keine Stellenanteile mehr für Seelsorge in Krankenhaus, Frankenalbklinik und Lebenshilfe Schönberg vorgesehen.” Er meint jedoch, dass die Seelsorge zum einen als Grundauftrag eines Pfarrers zum Schwerpunkt in der betreffenden Gemeinde gemacht werden könne oder auch über Beauftragungen laufen könne. “Da müssen wir noch nach der richtigen Form suchen.”

So wie die Pfarreibildung das Setzen von einzelnen Schwerpunkten in den Gemeinden erlaubt, so schafft sie laut Schäfer auch Verfügungsmasse für Dienste, die allen zugutekommen. “Dass wir neben Kirchenmusik, Fundraising und Erwachsenenbildung sogar eine halbe Stelle mehr für die Jugendarbeit im Dekanat haben – das stärkt unseren Entwurf.” Denn darum gehe es ihm zuallererst, “dass wir jetzt die richtigen Weichen stellen, dass auch in Zukunft noch Gemeindeleben vielfältig und bunt gestaltet werden kann und die Kirche wieder ein attraktiver Arbeitgeber für viele ist”.

Copyright (c) 2021 Verlag Nürnberger Presse, Ausgabe 09.11.2021

Pfr.i.R. Friedhelm Beck: Predigt für das Reformationsfest 2021

31.10.2021, St. Johanniskirche Lauf, Text: Galater 5, 1-6 (in der Predigt)

Pfr.i.R. Friedhelm Beck predigt
Laufer Stadtpfarrer i.R. Friedhelm Beck predigt am Reformationstag

Gnade sei mit euch und Friede von Gott unserem Vater und unserem Herrn Jesus Christus

Liebe Gemeinde,

Es ist einfach zauberhaft, wieder einmal hier stehen zu dürfen und mit Ihnen, mit euch einen Gottesdienst feiern zu dürfen, mit so vielen vertrauten Gesichtern.

Schön, dass Sie gekommen sind, damit wir miteinander dieses Fest der Reformation feiern können.

Reformationsfest – das wäre doch eigentlich ein guter Tag, ein guter Anlass, um einmal wieder seinen eigenen Glauben zu überprüfen.

Haben Sie jetzt sicherlich heute Morgen beim Frühstück gemacht – oder? Nicht?

Naja – das können wir ja auch jetzt ganz kurz nachholen:

Dienen soll uns dazu unser heutiger Predigttext aus dem Galaterbrief. Sie haben den Predigttext ja gerade schon als Lesung gehört. Deshalb will ich nur zwei Verse noch einmal lesen

Zur Freiheit hat uns Christus befreit!

In Christus Jesus gilt weder Beschneidung noch Unbeschnittensein, sondern

Der Glaube, der durch die Liebe tätig ist.

Zur Freiheit hat uns Christus berufen. Einer der Kernsätze der Reformation.

Und? Glaubenscheck? Leben wir diese Freiheit?

Keine Verpflichtungen, sondern wie ich eben will und kann.

Glaubenscheck erledigt – alles Gut.

Naja, liebe Gemeinde, so würden Sie das wohl nicht machen – also das mit dem Glaubenscheck.

Und seit der Reformation hat sich in der kirchlichen Umwelt und in unserer gesellschaftlichen Umwelt doch so einiges verändert.

Luther hat mit aller existenziellen Betroffenheit nach dem gnädigen Gott gefragt und gesucht. Und seine befreiende Antwort, die er fand, war:

Zur Freiheit sind wir berufen durch den Glauben an Jesus Christus.

Nicht wir müssen uns um unser Verhältnis zu Gott Sorgen, sondern durch den Glauben an Jesus Christus vertrauen wir darauf, dass Gott sich um uns sorgt.

Aber jetzt mal ehrlich, liebe Gemeinde: Das ist doch nicht wirklich mehr die bedrängende Frage unserer Zeit.

Die Fragen heute sehen doch ganz anders aus, oder?

Der gnädige Gott?

Nein – der gesamte Einfluss der Kirche ist dramatisch am Schwinden. Und die letzten Befragungen zeigen zwar, dass die meisten Menschen schon an ein höheres Wesen glauben, aber es ist eine Mischung aus Buddha, Allah, Schicksal oder Geistkraft. Und der Glaube wird dann in meine Alltagsbedürfnisse hineinmanipuliert

Egal

Es ist nicht der Gott, den uns Jesus Christus uns offenbart hat.

Wenn das so ist, liebe Gemeinde, wäre es dann nicht sinnvoller, das Reformationsfest eher zu streichen? Denn es scheint nur Antworten auf Fragen zu feiern, die keiner mehr stellt.

Ja – eigentlich betrifft das ja auch Paulus selbst. Kann er uns dann noch etwas sagen? Also machen wir die Bibel zu mit der bedauerlichen Erkenntnis: das hat nichts mehr mit dem heutigen Leben und seinen Fragen zu tun? Und ich beende hier meine Predigt?

Das würde vielleicht die Liebhaber einer kurzen Predigt freuen. Aber so einfach, liebe Gemeinde kann ich es mir und kann ich es Ihnen nicht machen. Denn wir denken und reden hier über den Glauben an den lebendigen Gott, den uns Jesus Christus, der Mann aus Nazareth nahegebracht und offenbart hat.

Vielleicht, liebe Gemeinde, vielleicht brauchen wir eine Veränderung unseres Blickwinkels.

Worauf ist uns Blick den fixiert?

Wir leben in einer äußerst spannenden Zeit. Und damit meine ich nicht nur die Frage, wie die Koalitionsverhandlungen ausgehen werden. Nein viel beeindruckender für uns alle ist ja:

Wir wissen nicht was auf uns zukommt.

Das wussten natürlich die Generationen vor uns auch nicht. Aber heute sehen sich Wissenschaftler in der Lage, uns zu prophezeien, was in 30, 50, oder 100 Jahren hier auf der Erde geschehen wird. Und was sie vorhersagen, ist nicht schön.

Natürlich wissen wir nicht, ob alles so eintrifft. Aber wir können auch nicht sicher sein, dass es nicht eintrifft.

Und so nimmt die Angst zu: Wie geht es weiter?

Die Angst um diese Welt, die Angst um die Zukunft meiner Enkel, die Angst um das Leben hier, die Angst um ein gutes Ende unseres Lebens.

Als alter Mann kann ich verstehen, dass sich die Jugend Sorgen macht, dass sie wissen will, wie alles weiter geht, dass sie will, dass alles getan wird, dass die Zukunft sicher wird.

Und welche Antwort hat nun unser Glaube auf diese Fragen, liebe Gemeinde?

Es ist ja interessant, dass die Gemeinde in Galatien, an die Paulus schreibt, ebenfalls spannende Zukunftsfragen hatte:

Werden wir die nächsten Tage, Wochen, Monate überleben, oder wird uns die nächste Christenverfolgung dahinraffen? Wie glauben wir richtig, dass Gott uns zur Seite steht?

Sehr existenzielle Fragen, liebe Gemeinde.

Und die Antwort vieler in der Gemeinde:

Wir nehmen das mit dem Glauben in die eigenen Hände. Also wir tun, was wir können, damit wir vor Gott gut dastehen. Also befolgen wir alle möglichen Vorschriften, essen nur, was angeblich rein ist, lassen uns beschneiden. Dann muss Gott uns beistehen.

O ihr unverständigen, ihr dummen Galater, schreibt Pauls an anderer Stelle des Briefes. Ihr habt nichts begriffen!

Blickwechsel ist angesagt!

Paulus ruft es den Galatern – und uns heute Morgen zu:

Zur Freiheit hat uns Christus befreit

Diesen neuen Blickwinkel hat Martin Luther entdeckt! Wir müssen uns um uns nicht so viele Sorgen machen! Wir liegen Gott am Herzen! Dafür müssen wir nichts tun, ja können wir garnichts tun.

Das ist die reformatorische Erkenntnis, die uns von unserer selbstzerstörerischen Sorge um uns selbst befreien will.

Diese Erkenntnis haben wir, als evangelische Christen, wir, als Protestanten schon mit unserer Muttermilch aufgesogen.

Für unseren Glauben müssen wir nichts tun.

Aber, liebe Gemeinde ich muss Sie heute Morgen enttäuschen. Denn das ist ja eben nur die halbe Wahrheit der reformatorischen Erkenntnis. Es ist die angenehme, befreiende Wahrheit. Aber es ist nur die halbe.

Und Paulus hat das sehr wohl gewusst und hat deshalb gerade an dieser Stelle seines Briefes auch noch geschrieben:

…In Jesus Christus gilt also weder Beschnitten sein, noch Unbeschnittensein etwas, sondern

Der Glaube, der durch die Liebe tätig ist

So, liebe Gemeinde, jetzt haben wir den Salat! Es ist also nichts mit dem Glauben der nichts kostet, nichts ist es mit der billigen Gnade, wie es Bonhoeffer ausdrückt.

Nein, und damit ist es auch nichts mit dem Glauben, der nur antiquierte Antworten auf nicht mehr aktuelle Fragen des Lebens gibt.

Nein liebe Gemeinde

Blickwechsel ist angesagt, gerade heute am Reformationsfest.

Gerade heute dürfen wir uns wieder erinnern und neu vergewissern, dass wir Gott am Herzen liegen und dass wir in seinen gnädigen Händen geborgen sind, im Leben, im Sterben und über den Tod hinaus.

Aber wenn wir so von Gott gehalten sind, dann haben wir die Hände und das Hirn frei für die Fragen unserer Zeit, die Fragen Welt und die Fragen der Menschen dieser Welt.

Wir werden nicht alles lösen können. Wir werden bei dem Bemühen um diese Fragen sicher auch immer wieder scheitern.

Aber wir wissen, dass diese Erde nicht in eine gottverlassene Zukunft geht, sondern dass Gott uns durch Christus beisteht und uns

Kraft und Mut,

Phantasie und Gehorsam gibt,

damit wir seiner Liebe

Atem und Gesicht und

Hand und Fuß geben können bei der Bewältigung unserer Zukunftsfragen.

Und dazu helfe uns Gott.

Amen

Ergebnisse der Umfrage zu unseren digitalen Gottesdiensten in Lauf

Unten finden Sie die Zusammenfassung und ausführlichen Antworten zur Gottesdienstumfrage 2021.

30% der Antwortenden wünschen sich auch nach Corona digitale Gottesdienste. Die Gottesdienste dürfen idealerweise um die 45 Minuten lang sein und sollen weiterhin musikalisch sorgfältig gestaltet werden zum Mitsingen oder Mitlesen. Tatsächlich wurden die Videos unseres Youtubekanals C1 Lauf fast 100.000 angeklickt und 25.000 Stunden angesehen! Immer noch sind durchschnittlich 70 Geräte live dabei mit ca. 100 Zuschauern online.

Hier sehen Sie die Ergebnisse in einer Diashow: (einfach doppelklicken und anschauen)

Um diesen Impuls aufzunehmen, hat eine Arbeitsgruppe aus unserer Kirchengemeinde eine Vision 2024 unserer digitalen Kirchengemeinde entwickelt:

Digitale Kirchengemeinde Lauf 2024

Oberstes Ziel bleibt: Gemeinschaft Jesu fördern und Gemeinde öffnen

• Informationen werden vorrangig digital zur Verfügung gestellt

•Gottesdienste neu vom „digitalen Medium“ her entwickeln, zeit-undraum-unabhängig

• Storytelling statt Thesen

• Hören und Sehen statt Lesen. Nutzung auf Smartphones

• Digitale Verkündigung über Gottesdienste hinaus in professioneller Qualität anstreben

• Interaktivität und Kommunikation mit und unter Nutzern fördern (2-Kanäle statt einem wie bisher) auf Homepage und anderen digitalen Angeboten

• Digitales Pfarramt und Kontaktmanagement auf allen Kanälen

⇒ Wir brauchen neue, jüngere MitarbeiterInnen, „Digital Natives“ – vielleicht auch angestellte Profis – die in digitalen Medien zu Hause sind

Das philosophische Café – der Reader

„Wer jung ist, soll nicht zögern, sich mit der Philosophie zu beschäftigen, noch soll, wer schon ein Greis ist, in der Beschäftigung mit der Philosophie ermatten; denn niemand ist zu jung oder zu alt, für die Gesundheit seiner Seele zu sorgen. Wer nämlich sagt, die Zeit, sich mit der Philosophie zu beschäftigen, sei für ihn noch nicht gekommen oder sie sei schon vorbei, der gleicht einem Menschen, der behauptet, die Zeit glücklich zu sein, sei für ihn noch nicht da oder nicht mehr da.“

(Epikur, Brief an Menoikeus)

Die Philosophie beginnt mit dem Staunen: „ In der Tat ist der Zustand des Philosophen das Staunen (thaumazein) ; denn es gibt keinen anderen Anfang der Philosophie als diesen“ (Platon, Theaitetos, 155 d < zit. nach Schleicrmacher-Übersetzung>)

Aus dem Staunen wird Fragen: „Gefragt muss es gewesen sein, wenn auch nur in einem dunklen Gefühl. Nichts wirkt als Antwort, was nicht vorher gefragt geworden ist. Daher bleibt soviel Helles ungesehen, als wäre es nicht da“ (Ernst Bloch, Subjekt – Objekt, Kapitel 1)

Immanuel Kant (Logik, Akad.Ausg. Bd. 9,, S 25; KrV, B 832):

„Das Feld der Philosophie in dieser weltbürgerlichen Bedeutung lässt sich auf folgende Fragen bringen:

  1. Was kann ich wissen?
  2. Was soll ich thun?

      3. Was darf ich hoffen?

  •  Was ist der Mensch?“  (nur in der „Logik“)

 „Man kann …. niemals aber Philosophie (es sei denn historisch), sondern, was die Vernunft betrifft, höchstens nur philosophieren lernen“ (Kant, KrV, B 865; A 837)

Philosophieren heißt Rechenschaft geben („logon didonai“) (Platon z.B.: Protagoras, 336, b7– d5 ; Politikos, 285 d8 – 286 a7) < zit. nach Schleicrmacher-Übersetzung>)     Es geht darum, zu überzeugen statt zu überreden

Für Platons Sokrates ist das philosophische Wissen auch ein Wissen von den eigenen Grenzen: das „wissende Nichtwissen“, das er demjenigen, der nur überreden will, voraus hat:

„Allein dieser meint alles zu wissen, obwohl er nicht weiß, ich aber, wie ich eben nicht weiß, so meine ich es auch nicht. Ich scheine also um dieses wenige doch weiser zu sein als er, dass ich, was ich nicht weiß, auch nicht glaube zu wissen“ (Platon, Apologie, 21 d, < zit. nach Schleiermacher-Übersetzung>)

Ist der philosophische Zugang zu Welt theoretisch, praktisch oder ästhetisch?

„Der Philosoph sucht den Gesamtklang der Welt in sich nachtönen zu lassen und ihn aus sich herauszustellen in Begriffen.“

Friedrich Nietzsche, Die Philosophie im tragischen Zeitalter der Griechen, Schlechta-Ausgabe, Bd. 3, 364

Oder skeptisch?

„Was ist dein Ziel in der Philosophie? – Der Fliege den Ausweg aus dem Fliegenglas zu zeigen“

Ludwig Wittgenstein, Philosophische Untersuchungen 1, § 309

Philosophie entsteht an den Rändern unserer Erfahrungen, dort wo unsere Erklärungs-möglichkeiten und unser Verständnis an Grenzen stoßen; sie ist Ausdruck unseres zutiefst menschlichen Wissensdrangs und damit Ausdruck unserer Humanität. Philosophie ist keine elitäre Veranstaltung, sondern eine Ermutigung zu einem Gespräch, das uns hilft, uns in unserer Welt besser zurecht zu finden und unsere Möglichkeiten als Menschen und Menschheit zu erkennen und weiterzuentwickeln.

Think tank“ und „Denkfabrik“: eine Post-Postmoderne Perversion bei steigender „Unübersichtlichkeit“ der Welt. „Denkfabrikanten“ machen Gedanken zur Ware.

Denken wird „outgesourced“,„ausgelagert“, anderen (den Pferden oder Eseln?) über-lassen. In unserer spätkapitalistischen Kultur überlässt man das Denken in Politik und Wirtschaft gerne ausgesuchten „Experten“, nach dem Motto „Wo lassen Sie denken?“ Bürger und sog. „Entscheidungsträger“ stehen dadurch in der Gefahr, sich daran zu gewöhnen, vorgegebenes „Gedankengut“ unkritisch zu übernehmen und dadurch anfällig für Ideologien (politischen und ökonomischen) zu werden. Die Massenmedien tun das Ihrige hinzu.

Kant: „Habe Muth, dich deines eigenen Verstandes zu bedienen!“ (I.Kant, „Was ist Aufklärung, Akad. Ausg. Bd. 8, S.35)

1. Crash-Kurs Philosophie

Die abendländische Philosophie beginnt bei den Griechen der Antike. Sie entwickelt sich in Abgrenzung zur Mythologie (alt-gr. „mythos“ = Rede, Erzählung, Geschichte) und zum Alltagswissen („doxa“ = Meinung). Grundlage der Philosophie ist der „logos“ (gr. „logos“ = Rede, Darstellung, Begründung)

Mit der Philosophie bzw. dem philosophischen Denken kommt etwas völlig Neues in die antike abendländische Kultur: die Vorstellung von der „Lesbarkeit der Welt“ (Hans Blumenberg; dt. Philosoph <1920 -1996>). Es ist die Annahme, dass der Erfahrungswelt mit all ihren Zufälligkeiten eine feste, erkennbare Struktur zu Grunde liegt, die von uns Menschen durch unsere(n) Verstand bzw. Vernunft erfasst werden kann.

Alltagswissen befasst sich dabei mit der Lösung technisch praktischer Fragestellungen: Wie funktioniert das? Was muss ich tun, um …… zu erreichen? Es dient der lebensweltlichen Orientierung durch allgemein geteilte „Meinungen“ ( alt-gr. „doxai“), fragt aber nicht darüber hinaus nach den Grundlagen unseres Wissens.

Mythologisches Denken (alt-gr. „mythos“ = Rede, Erzählung, Geschich-te) befasst sich mit der darüber hinausgehenden „Erklärung“ von Welt. Das mythologische Denken ist narrativ, nicht kritisierbar – nur ablehnbar – und „erklärt“ Ereignisse und Erscheinungen in der Welt animistisch als Wirkungen willkürlicher Handlungen und Kräfte (Götter, Dämonen). Die Welt ist im Ganzen „beseelt“.

Philosophisches Denken will über die Welt „Wissen“ (alt-gr. „episteme“) und nicht nur „Meinungen“ („doxai“) erzeugen. Philosophisches Denken ist diskursiv, d.h. an kritisierbaren Argumenten orientiert. Welt wird „objektiviert“.

Mythologisches Denken verbindet sich häufig mit magischen Praktiken. „Geistige“ Kräfte werden beschworen, besänftigt oder mit Ritualen ge-bannt. (Ernst Cassirer, <1874 – 1945>, dt. Philosoph, Philosophie der Symbolischen Formen, Zweiter Teil)

Philosophisches Denken, das seit der Antike, zumindest was die theore-tische Philosophie anbetrifft, Prinzipienwissenschaft und Grundlage ein-zelwissenschaftlichen Denkens sein will, entpersonalisiert die einen Teil seiner Erfahrungswelt ausmachende „Natur“ zu einer in ihren objekti-ven Strukturen beschreibbare an damit berechenbare Gegebenheit.

Auch wissenschaftliches Denken geht  von der „Lesbarkeit der Welt“ als einem in sich schlüssigen „Text“ (Struktur) aus. . Dies Grundthese wird seit dem 19. Jahrhundert im Rahmen der Metaphysikkritik in Frage gestellt.

Die Rede vom „Buch der Natur“ (lat. „liber naturae“)  geht zurück auf Augustinus, der es der Bibel als dem „Buch der Offenbarung“ gegenüberstellt.

Philosophie und Wissenschaft haben die Aufgabe, die Welt als „Text“ zu entziffern, womit ursprünglich die Vorstellung von der Eindeutigkeit und möglichen Vollständigkeit der Erkenntnis verbunden ist.

Nach Galilei ist das „Buch der Natur“ in der Sprache der Mathematik geschrieben, ohne die es nicht möglich sein soll, auch nur ein Wort davon zu verstehen.

Für den postmodernen Philosophen Jacques Derrida <1930 – 2004> geht daher die „Schrift“ der Sprache voraus (ders. „Grammatologie“)

Philosophie in der Antike (6. Jahrhundert vor bis Beginn des 6. Jahrhunderts nach Christus)

Philosophie war ein wesentlicher Bestandteil der griechischen wie der römischen Antike. Die in der Phase der athenischen Philosophie ab dem Ende des 5. vorchristlichen Jahrhunderts gegründeten Schulen der Sophisten und Philosophen waren integraler Bestandteil der damaligen Bildungs- und Wissensvermittlung.

Philosophen, die auch Politik und Rhetorik unterrichteten, waren – von wenigen Ausnahmen abgesehen – gesellschaftlich hoch angesehen, waren Berater und Beistände vor Gericht und ließen sich ihre Dienste meist auch gut bezahlen. In der spätrömischen Antike sorgten Philo-sophen für die politisch-sittliche Stabilisierung des römischen Kaiser-reiches.

Die Antike zeichnet sich durch eine Vielzahl philosophischer Schulen und Ansätze aus, die sich zum Teil gegenseitig heftig kritisierten.

Nach den Vorsokratikern folgen die athenische Philosophie mit den Sophisten, Sokrates, Platon und Aristoteles, danach die philosophischen Schulen des sog.  „Hellenismus“, die Stoiker, die Epikureer, die akademische und die stoische Skepsis. Während der römischen Kaiserzeit bilden sich besondere Formen der Stoa und der Skepsis aus sowie der sog. Neuplatonismus des Plotin und seiner Nachfolger.

Mit dem Ende der Antike verschwindet auch die Vielfalt der Philoso-phien. Im christlichen Mittelalter bleiben im Wesentlichen der Neu-platonismus und besonders ab dem Hochmittelalter der Aristotelismus wirksam.

Philosophie im Mittelalter (6. bis Mitte des 15. Jahrhun-derts)

Seit der Spätantike wurde die Philosophie durch das sich im römischen Reich ausbreitende Christentum (dieses wurde Ende des 4. Jahrhun-derts von Kaiser Theodosius zur Staatsreligion erhoben), aber auch die theologisch werdenden Philosophie des Neuplatonismus immer mehr zu einem untergeordneten Bestandteil der Theologie. Sie wird in den „Artistenfakultäten“ der hochmittelalterlichen Universitäten zur Vorschule der Medizin, der Rechtswissenschaften und der Leitdisziplin, der Theologie.

Ihren Ausdruck fand diese Entwicklung in der Formulierung des Bischofs und  Kirchenlehrers Petrus Damiani ( um 1006 – 1072), der die Philoso-phie als „ancilla theologiae“ als „Magd der Theologie“ bezeichnete.

Allerdings ist zu bemerken, dass ab dem 11. Jahrhundert mit den Theo-logen Anselm vom Canterbury, Petrus Abaelard und der Wiederent-deckung des Aristoteles durch Albertus Magnus und Thomas von Aquin im 13. Jahr-hundert sowie im 14. Jahrhundert mit Johannes Duns Scotus und Wilhelm von Ockham Personen die Szene betraten, die zwar nicht den Vorrang der Theologie in Frage stellten, die Theologie aber zunehmend „philosophisch“ hinterfragten und begründeten.

Außerdem gewannen die sog. „Artistenfakultäten“ (benannt nach den Grunddisziplinen des „septem artes liberales“, den „sieben freien Kün-sten“) immer mehr inneruniversitäre Bedeutung, da sie die Grundaus-bildung auch der Theologen übernommen und damit auch Einfluss auf die Denkweise der Studenten gewonnen hatten. Artistenlehrer wie Siger von Brabant und Boethius von Dacien gerieten dabei auch immer wieder in Konflikt mit der katholischen Kirche.

Zu den „sieben freien Künsten“ (frei hießen sie, weil sie – wie Seneca es beschreibt – „eines freien Menschen würdig sind“, der sich nicht mit Fragen der Daseinssicherung, also Erwerbsarbeit, befassen muss) zählen im Mittelalter:

Das Trivium: Grammatik, Rhetorik, Logik (Dialektik) als Grundausbil-dung (hiervor leitet sich auch unser Wort „trivial“ für „selbstverständ-lich“ im Sinne von „das weiß doch jeder“ ab)

Das Quadrivium: Arithmetik, Geometrie, Astronomie und Musik

Vor allem die Logik, die im Mittelalter meist als Dialektik bezeichnet wird, hatte einen erheblichen Einfluss auf die theologische Lehre.

1.1. Gegenstandsbereiche der Philosophie

1.Theoretische Philosophie (von gr. „theoria“ = „Schauen“): nur an Erkenntnis interessiertes Betrachten dessen, was sich dem menschli-chen Geist, Verstand oder der Vernunft als Gegenstand darbietet. Sie erhebt den Anspruch eine Begründung von Wissen und „Wissenschaft“ zu leisten.

      – Logik (Lehre von den Prinzipien des Denkens)

      – Psychologie (Lehre von der Seele)

      – Mathematik

      – Metaphysik und Theologie

      – Ontologie (Lehre vom Sein und vom Seienden als solches)

      – Methodologie der Erkenntnis (z.B. Hermeneutik und  

         Phänomenologie)

      – Wissenschafts- und Technikphilosophie

2. Praktische Philosophie (von gr. „praxis“= Handlung, Tat: Gegenstand ist das menschliche Handeln, dazu gehören  die Untersuchung der Be-dingungen von Handlung, insbesondere das Problem der menschlichen Freiheit, die Fragen des guten Handelns, des gerechten Handelns sowie des richtigen Zusammenlebens von Menschen):

      – Handlungstheorie, insbesondere das Freiheitsproblem

      – Ethik, Grundlagen der Normentheorie und Regelbegründung

      – Rechtsphilosophie, insbesondere  Natur- und Menschenrechts-

      – lehre

      – Politischen Philosophie, Staats- und Gesellschaftstheorie

3. Ästhetik (gr. „aisthesis“ =  Gefühl, Empfindung: Theorie des

    menschlichen Empfindens sowie des menschlichen Ausdrucks):

     – Theorie des Geschmackes, insbesondere des Schönen

     –  Kunsttheorie (Bildende Künste)

     –  Literaturtheorie, insbesondere Dramentheorie (Antike)

     –  Philosophie des menschlichen Ausdrucksbedürfnisses und

        seiner Bedeutung (auch für die Erkenntnis; wegweisend Alexander

        Gottlieb Baumgarten <1714—1762>: Ästhetik als „analogon

        rationis“)

1.2. Was ist „Metaphysik“?

Nach dem Tod des Aristotles <384 – 322 v. Chr.> 322 v. Chr. gerieten dessen Schriften, die im Wesentlichen aus Vorlesungsmanuskripten bestanden zunehmend in Vergessenheit. Eine erste Ausgabe der Schriften des Aristoteles wurde erstmals von dem Peripatetiker („Peripatos“ = Schule der Aristoteles) Andronikos von Rhodos im ersten vorchristlichen Jahrhundert vorgenommen. Es wird heute angenommen, dass dieser dabei einzelne Bücher und Schriften editorisch zusammengefasst und geordnet hat.

Hierzu gehörten auch die Schriften des Aristotles, die er unter der Bezeichnung „prote philosopia“ („erste Philosophie“) verfasst und gesammelt hat.

Da Andronikos von Rhodos  für die Werke zur „ersten Philosophie“, die er nach den Büchern zur Physik eingeordnet hatte,  keine gebräuchliche Bezeichnung wusste, nannte er diese schlicht „nach der Physik“ oder altgriechische „ta meta ta physika“. Der Begriff „Metaphysik“ war geboren.

Metaphysik ist daher keine Lehre, die sich mit Übernatürlichem oder gar Jen-seitigem, befasst, sondern mit der Frage nach den Grundlagen der erfahrbaren und erkennbaren Welt, nach deren „Was-Sein“ („Quiditas“), aber auch nach deren „Dass-Sein“ („Quoditas“). Die Metaphysik des Aristoteles befass sich mit den allgemeinen Bestim-mungen und Eigenschaften, die Gegenständen und Ereignissen der Erfahrungswelt zukommen, wie z.B. von Substanz und Akzidenz, Beharrlichkeit und Veränderung, teleologische Prozesse, Zeitlichkeit und Dauer.

Für die genannten Problemkreis hat sich in der Folgezeit der Begriff „Metaphysik“ eingebürgert. Er steht für ein Fragen nach den Bestim-mungen, die konkrete Erscheinungen (Einzeldinge und Einzelereignisse) der Erfahrungswelt eigen und konstitutiv sind:

Beispiel: Stellen Sie sich einen roten Ball vor. Was macht diesen roten Ball als Gegenstand Ihrer Vorstellung oder Wahrnehmung aus? Was ist für sein dinghaftes So-Sein (gr. „ousia“ = Wesen) bestimmend?

Da haben Sie zunächst das „Das-da“ („tode ti“) auf das Sie verweisen oder zeigen können. Dieses „das-Da“ ist Träger („hypokeimenon“) von Bestimmungen, nämlich des „Ball-Seins“ (Art und Gattung) und des „Rot-Seins“ (akzidenzielle (zufällig hinzukommende), d.h. für den Ball nichtwesentliche Eigenschaft).

Nach der Betrachtung der Metaphysik werden Einzeldinge und Einzel-ereignisse nur als Träger allgemeiner Bestimmungen aufgefasst, die ihre Individualität in eine Fülle allgemeiner Begriffe und letztlich auflöst. Das „Individuelle“ kommt nur als „Exemplar“ in den Blick. Sein Wesen und Sein bestehen nur in Bezug auf diese.

Die Kritik der Metaphysik seit setzt hier an. Zum einen wird darauf verwiesen, dass die nur aus konkreten Individuen bestehende „Wirklich-keit“ hier zugunsten einer „Schattenwelt“ von allgemeinen Bestimmun-gen zum Verschwinden gebracht wird, der auch noch der Charakter des eigentlich Seienden zugesprochen wird (Empirismus, Positivismus). Zum anderen wird das biologische Individuum, vor allem der Mensch in seiner individuellen Situiertheit, zum Gegenpol bzw. zum Zentrum von Philosophien, die das leiblich „da-seiende“ Subjekt in den Mittelpunkt stellen (Schopenhauer, Kierkegaard, Nietzsche, Heidegger, Derrida u.a)

Der Begriff der „Metaphysik“  wird  in manchen Ansätzen der Philoso-phie des 19. und 20. Jahrhunderts kritisch bis ablehnend in dem Sinne gebraucht, dass damit die Annahme „hinter“ den Erscheinungen der Erfahrungswelt liegender Strukturen und Gestalten verstanden wird.

In der „Metaphysik“ in diesem Sinne wird die Behauptung einer all-gemein die Einzeldinge und Einzelereignisse in ihrer Wirklichkeit be-stimmende „Schattenwelt“ gesehen, die letztlich einer empirischen und damit auch „wissenschaftlichen“ Erkenntnis nicht zugänglich ist. „Metaphysische Aussagen“, wie z.B. über das „Wesen“ einer Sache, sind danach – wie Vertreter des sog. „logische Positivismus“ („Wiener Kreis“, Rudolf Carnap, Neurath und der frühe Wittgenstein) dies ausdrücken würde – daher sinnlos.

Metaphysik und (moderne) Physik

Wie bereits bei Aristoteles will die Metaphysik die Grundlagen der Wis-senschaften, auch der Physik, schaffen. Nach heutiger überwiegend positivistischer Auffassung benötigt die moderne Physik jedoch keine Begriffe, deren Referenzobjekt  nicht in unmittelbarer Anschauung –  in Beobachtung und  Experiment – gegeben sind.

Diese Auffassung übersieht jedoch, dass Begriffe wie „Materie“, „Kraft“ und „Energie“ nie selbst „angeschaut“ werden können, sondern nur als Gegebenheit von geformten „Körpern“ und in den Wirkungen auf diese Körper. Gleiches gilt für theoretische Konstrukte wie die „Raum-Zeit“, den „Urknall“ und „Multiversen.

Auch die Analyse von Werde- und Veränderungsprozessen kommt nicht ohne Begriffe aus, die nur indirekt an Anschaulichem ausgewiesen wer-den können.

Was bedeutet esoterisch und exoterisch?

Die Begriffe „esoterisch“ und „Esoterik“ leitet sich vom alt.-gr. Wort „esoteros“ = „innerer“ ab. Als „esoterische Lehren“ wurden – vor allem bei Aristoteles – die Lehren verstanden, die im engeren Kreis der Schü-ler des „Peripatos“ (= Name der Schule des Aristoteles) vermittelt und besprochen wurden. Dabei handelte es sich jedoch nicht um „Geheim-lehren“, sondern um Lehrinhalte, deren Verständnis bereits ein gewisse Vorbildung beanspruchten oder bei denen man befürchtet, dass sie missverstanden werden könnten. (Furcht vor Asebie-Verfahren; alt-gr. „asebeia“ = Gottlosigkeit, Frevel). Ob es auch in der Akademie („Akademia“ = Name der Schule des Platon) des Platon eine esoterische Lehre gab, ist nach wie vor umstritten.

„Exoterische Lehren“ („exoteros“ = „äußerer“ bzw. „draußen“) waren dagegen die vor einem öffentlichen Publikum vorgetragenen philoso-phischen Ausführungen.

1.3. Was ist Logik?

Das Wort „Logik“ leitet sich vom altgriechischen „logos“ ab, das bereits in der Antike eine vielfältige Bedeutung hat. Die ursprünglichste ist „Rede“ im Sinne von Vortrag, Darlegung oder Ausspruch, aber auch von Gespräch und Unterredung. Es bedeutet aber auch Begründung und Rechenschaft für das, was man sagt („logon didonai“ = Rechenschaft geben). „Logos“ wird daneben in einem vom Sprecher gelösten (trans-subjektiven) Sinn gebraucht.  Es bedeutet dann das Thema, die Sache oder den Stoff eines Gesprächs oder einer Geschichte. Letztlich steht „logos“ für den Vorgang der „Überlegung“, des Nachdenkens über eine Sache und letztlich für das Denken selbst.

Aristoteles war der erste Philosoph, der die sog. „Denkgesetze“ (Logik im engeren Sinne) eingehend untersucht hat.

Aristoteles Entdeckung, dass bereits formal-logische Zusammenhänge Urteile über die Wahrheit oder Falschheit von Aussagen ermöglichen, hat ihn zu umfangreichen Studien zur formalen Logik veranlasst. Man kann sagen, dass Aristoteles als erster die Grundlagen der Logik freige-legt hat.

In seinem Werk „Lehre vom Schluss“, der sog. „Ersten Analytik“ oder „Analytica priora“ (An.pr.) entwickelt er die sog. „Syllogistik“, die mindestens bis zu Gottfried Wilhelm Leibniz <geb. 1646, gest. 1716> maßgeblich war und erst im 19. Jahrhundert durch die mathematischen Logiker entscheidend verbessert wurde. Das Meiste der aristotelischen Logik ist auch heute noch nach wie vor gültig.

Die formale Logik, die allein auf Grund der Einhaltung von Denkregeln zu wahren Ergebnissen führt, was vor allem im „aristotelischen“ Hoch-mittelalter eines der Hauptgebiete der universitären Grundausbildung. Die spitzfindigen logischen Erörterungen prägten letztlich das Bild von der sog. „Scholastik“, in der die Überzeugung vorherrschte, dass der Mensch die Regeln seines Denkens mit Gott gemeinsam hat.

Der Logik, die im Mittelalter auch als „Dialektik“ bezeichnet wurde, wurde die Kraft zugesprochen, die Gedanken Gottes „nachzudenken“. Als Beispiel kann hier die sog. „lullische Kunst“ dienen, benannt nach dem Logiker und Philosophen Raimundus Lullus <um 1232 bis 1316>, der – wie später ausführlich Gottfried Wilhelm Leibniz < 1646 bis 1716> – eine sog. „ars combinatoria“ (logische Kombinatorik) und eine „ars inveniendi“ (Erfindungskunst)entwickelt hat, mit deren Hilfe durch die Anwendung logischer Gesetze alle möglichen Sachverhalte in der Welt darstellbar sein sollten.

Bis zu Georg Wilhelm Friedrich Hegels <1770 bis 1831> „Wissenschaft der Logik“ steht der Begriff der Logik einerseits für die subjektiven Denkgesetze des Menschen und andererseits für die weltgestaltenden Gedanken Gottes.

Ab Mitte des 19. Jahrhunderts kommt es zu einer inhaltlichen Unter-scheidung des Begriffs der „Logik“. Einerseits entwickelt sich die strenge formale und mathematische Logik, die sich mit den formali-sierten Beziehungen von Aussagen und ihren Wahrheitswerten befasst. Hierzu gehört auch das Programm einer Begründung der Mathematik durch formale Logik, wie sie Gottlob Frege <1848 – 1925> und Bertrand Russell < 1872 – 1970> versucht haben. Andererseits wird die Logik ein Gegenstand der empirischen und philosophischen Psychologie.   Insbe-sondere im Neukantianismus, der Phänomenologie und der Kulturphilo-sophie wird die Logik unter dem Gesichtspunkt einer materialen Kon-stitutionstheorie behandelt. Nach welchen „logischen Gesetzen“ baut der Mensch seine „Lebenswelt“ auf.

Es handelt sich hierbei um eine „Logik der Sachen“, also um Fragen der sachlichen Beziehungen der Dinge der erfahrbaren Welt, soweit es sich um notwendige und nicht nur um zufällige Beziehungen handelt (mate-riale Logik).

Sowohl die empirische Psychologie des 19. Jahrhunderts (insbesondere Wilhelm Wundt u.a, Assoziations- und Gestaltpsychologie) als auch die philosophische „Konkurrenzdisziplin“ der Phänomenologie (Edmund Husserl, Maurice Merleau-Ponty, Wilhelm Szilasi, Alfred Schütz u.a) suchen nach der inneren „Logik“ der Erfahrungswelt, die sich als im Wesentlichen regelhaft und nicht nur als Anhäufung zusammenhang-loser Zufälle darstellt. Auch Gottlob Frege sieht die formale Logik als spezifisch philosophische Disziplin in Konkurrenz zur empirischen Dis-ziplin und Kognitionswissenschaft. (Logik geht der Erfahrungsbildung immer schon voraus und kann daher nicht Gegenstand einer Erfahrungs-wissenschaft sein. „petitio principii“)

Logik und „Dialektik“

Der Begriff der „Dialektik“ wird durch Platon und den platonischen Sokrates in die Philosophie eingeführt. Das Wort leitet sich her vom altgriechischen „dialegein“ = sich unterhalten, etwas besprechen, diskutieren. Dialektik ist nach Platon die Kunst, im Gespräch über eine Sache und ein Problem solange alle Aspekte zu beleuchten, bis diese weitestgehend oder vollständig erkannt ist.

Dialektik steht daher bei Platon auch für die einzige Methode, durch die die „Ideen“ erkannt werden können. Durch die Dialektik wird die Sache selbst erkannt, indem man von einem zunächst alltäglichen Be-griff (z.B. der allgemeinen Meinung darüber) durch gemeinsame Überlegung zu einem immer komplexeren und damit auch sachan-gemesseneren Begriff fortschreitet.

Aristoteles verwendet die Unterscheidung der Begriffe von Logik und Dialektik zur Kennzeichnung der Untersuchung der notwendigen Schlüsse und „Wahrheiten“ (Logik) von den „nur wahrscheinlichen“ (Dialektik, dargestellt in der „Topik“). Die aristotelische „Dialektik“ stellt eine Theorie der vernünftige Argumentation angesichts einer unklaren Sachlage dar.

Die Begriffe Logik und Dialektik werden im Hochmittelalter (Scholastik) synonym gebraucht. Sie dienen als Oberbegriffe für eine Argumenta-tionstheorie, die die Grundlagen und den Verlauf eines vernünftigen Gesprächs beinhaltet. Die oft spitzfindigen Argumentationen in da-maligen Gesprächen werden auch heute noch als „scholastisch“ bezeichnet.

Der Begriff der „Dialektik“ bekam durch G.W.F. Hegel <1770-1831> und den Hegelianer Karl Marx <1818-1883> im 19. Jahrhundert eine neue Bedeutung, die allerdings an den platoni-schen Begriff der Dialektik anknüpft. Als Dialektik wird danach die Darstellung „Eigenbewegung des Begriffs“ bezeichnet.

Ausgangspunkt der so verstandenen „Dialektik“ ist zunächst ein ein-facher Begriff, wie z.B. der des „Seins“. Die Erkenntnis, dass Begriffe, wie der des „Seins“, nur dann bestimmt werden können, wenn sie von anderen Begriffen unterscheidbar sind, führt zu der Auffassung, dass „Begriff“ und „Gegenbegriff“ (hier Nicht-Sein oder Nichts) sich nur wechselseitig definieren können. „Begriff“ und „Gegenbegriff“ bein-halten sich wechselseitig und sind dadurch „vermittelt“. Die „Vermitt-lung“ beinhaltet dabei die Begriffe „Werden und Vergehen“ (aus Nichts wird Sein und aus Sein wird Nichts)

Dialektik wird hierbei unter dem formalen Aspekt von Thesis, Antithesis und Synthesis (Vermittlung) gedacht. Hegel verwendet für diese Be-griffsentwicklung, die an Anreicherung des ursprünglichen Begriffes verstanden wird – in den Begriffen Werden und Vergehen sind notwen-dig die des Seins und Nicht-Seins mitgedacht – das Wort „Aufhebung“.

Das deutsche Wort „aufheben“ hat dabei die dreifache Bedeutung von „verwahren“, „beseitigen“ und „in die Höhe heben“.

Für Hegel stellt sich in der Dialektik der Begriffe, das Zu-sich-selbst-kommen des Geistes (Gottes) als Selbstobjektivierung dar, für Marx die  Entfaltung der „Materie“ (dialektischer Materialismus) in der Geschich-te der Menschheit (historischer Materialismus)

1.4. Was ist Erkenntnis (-theorie)?

Der Begriff „Erkenntnistheorie“ wurde durch die Denker der neukantia-nischen „Marburger Schule“ (Hermann Cohen <1842 – 1918>, Paul Natorp <1854 – 1924> u.a.) in die Philosophie eingeführt. „Erkenntnis-theorie“ im Sinne des Neukantia-nismus befasst sich mit der Begrün-dung und Kritik der allgemein verbindlichen Geltung von Wissen und Wissenschaft.

Der Sache nach betrifft die Suche nach der Begründung von Wissen als Bestand „wahrer“ Aussagen über die Welt eine der Hauptgegenstände der Philosophie. Als solche ist sie bereits seit der Antike einer der Hauptgegenstände der Philosophie.

Bis zum Beginn des 19. Jahrhunderts sind die gegebenen Antworten an der im folgenden dargestellten „natürlichen Einstellung“ der Menschen dazu orientiert:

Erkenntnisquellen: Sinne    Vernunft/Verstand    

Erkennende(r)                                            Erkanntes

Subjekt                                                      Objekt

Bewusstsein                                                Realität      

Urteil                                                         Tatsache

Geist                                                          Welt

Die Reihe orientiert sich an der Folge von Einem zum Vielen. Das erken-nende Subjekt steht dem erkannten Objekt als Einheit gegenüber. Das Bewusstsein hat eine Vielzahl von Vorstellungen über eine mannigfalti-ge Erfahrungswelt. Das Urteil fasst mehrere Vorstellungen zu einer Tat-sache zusammen. Der Geist repräsentiert die Gesamtheit der Vorstel-lungen und Ideen, die Welt die Gesamtheit aller Tatsachen.

Die Quellen der Erkenntnis sind die Sinne („aisthesis“), die dem Erkennenden Daten von der zu erkennenden „Außenwelt“ gibt, und der Verstand bzw. die Vernunft („logos“, „nous“), die die Sinnesdaten aufordnen.

Erkenntnisquellen:                                    Erscheinung  oder „an sich“ ?   

Erkennende(r) Sinnlichkeit und Sinne                Erkanntes

Subjekt           Wahrnehmung                         Objekt

Bewusstsein     Einbildungskraft                      Realität

Urteil               Verstand                              Tatsache

Geist                Vernunft                              Welt

Frage: wie können „erkennendes“ Subjekt und „erkanntes“ Objekt zueinander finden? Greift das Subjekt auf das Objekt zu und verändert oder erschafft es das Objekt dadurch durch seine aktiven logischen Leistungen? Oder wird das Objekt in seiner eigenen Strukturiertheit („an sich“) dem Subjekt „gegeben“, d.h. drückt es sich wie ein Stempel in heißes Wachs dem erkennenden Subjekt auf?

Erkenntnisquellen:                                                        „an sich“ ? 

Erkennende(r) Sinnlichkeit und Sinne             prägt S O         Erkanntes

Subjekt           Wahrnehmung                      oder  prägt       Objekt

Bewusstsein     Einbildungskraft                   O S   oder         Realität

Urteil               Verstand                           bedarf es der    Tatsache

Geist                Vernunft                           Vermittlung?     Welt  

Nach der kantischen Transzendentalphilosophie ergibt sich folgendes Bild:

Erkennende(r)                   Erkanntes                           ≠          Ding

Subjekt                             Objekt                               ≠          an

Bewusstsein                       Realität  (Erscheinung)       ≠          sich 

Urteil                                Tatsache                            ≠

Geist                                 Welt                                  ≠                                

Mit der Entdeckung der Bedeutung der Sprache und (kultureller) Symbole (Semiotik) tritt zwischen die subjektiven Erkenntnisvermögen und das Objekt eine inter- bzw. transsubjektive Instanz, die das Objekt repräsentiert:

Erkennende(r)                             Sprache,                        Erkanntes

Subjekt                                       (kult.)  Symbol               Objekt

Bewusstsein                                                                     Realität 

Urteil                                                                              Tatsache

Geist                                                                               Welt  

In der neueren Philosophie findet zudem ein sog. „medialer Ansatz“ wieder zu-nehmendes Interesse. Erkenntnis ist danach vermittelt durch ein „Medium“, in dem sich und durch das sich erkennendes Subjekt und erkanntes Objekt erst gegenübertreten können. In der Tradition finden sich dazu die platonischen Ideen und der göttliche „logos“ bzw. Gott.

In der neuzeitlichen Philosophie finden sich „mediale Ansätze“ in der Sprachspieltheorie Ludwig Wittgenstein II, den strukturfunktionalisti-schen Theorien Michel Foucaults, in der Theorie der „Lebenswelt“ des späten Edmund Husserl   sowie in der modernen Hermeneutik.  

Medium: Ideen, Gott, Lebenswelt, Struktur, System, Sinn – Horizont

Erkennende(r)                                                               Erkanntes

Subjekt                                                                         Objekt

Bewusstsein                                                                  Realität   

Urteil                                                                          Tatsache

Geist und Welt werden durch das Medium ersetzt.

Verstanden? Nein? Dann beantworten Sie bitte folgende Frage: Was ist ein Tennisspiel?

Zwei oder vier Menschen spielen auf einer ebenen Fläche mit einem Ball, den sie mit Hilfe eines Schlägers in Richtung des Spielgegners bewegen. Das ist der beobachtbare Vorgang. Ist das schon ein Tennisspiel?

Notwendig für ein „Tennisspiel“ ist ein Spielfeld mit einer gewissen Größe, optisch erkennbarer Einteilungen des Spielfeldes, ein Netz in der Spielfeldmitte und Spielregeln, die festlegen, wie das Hin- und Herspielen eines bestimmten Balles mit einem bestimmten Schläger stattzufinden hat. Spielfeld, Regeln etc. sind noch kein Tennisspiel, aber sie legen den Rahmen fest, in dem das Spiel stattfindet.

Verstanden! Medien legen die Bedingungen und Regeln für die „Repräsentanz“ von Objekten im Rahmen der „subjektiven“ Erkenntnis fest. Um bei unserem Beispiel zu bleiben, welche Spielablauf ein Ten-nisspiel nimmt, ist medial völlig offen. Wer wie aufschlägt, retourniert etc. ist Ergebnis eines offenen Spielverlaufes. So ist es auch mit den Erkenntnissen. Welche inhaltlichen Erkenntnisse gewonnen werden, ist durch das Medium nicht festgelegt, aber der Rahmen, in dem sie sich zeigen können.

Medien bleiben dabei in der Regel „unthematisch“ und steuern doch den Erkenntnisprozess und die subjektive Auffassung von „der Welt“. Nur in Krisen werden Medien thematisch, wie bei einem Streit, ob beim Tennis der Ball ins „Aus“ gegangen ist.

In der Antike (600 v.Chr. bis 550 n.Chr.)  ist „Erkenntnis“ das Begreifen des Wesens („ousia“) der Dinge, der Ordnung hinter den zufälligen Erscheinungen („phainomena“). Der Mensch ist dazu in der Lage, durch den „logos“ aktiv in diesem Sinne „wahre“ Erkenntnisse zu gewinnen und als allgemein gültiges Wissen („episteme“) zu begründen.

Im frühen christlichen Mittelalter (550 bis 1000 n.Chr.) tritt im An-schluss an Augustinus an die Stelle des aktiv gewonnen und begründ-baren „Wissens“ die „Offenbarung“ durch Gott, die dem Menschen Erkenntnisse über das Heilsgeschehen und die Welt nur passiv rezeptiv zugänglich macht. Ab dem 11. Jahrhundert werden – insbesondere in der Folge der Rezeption der aristotelischen Logik und Metaphysik – Glaubenslehren durch Theologen kritisch hinterfragt. Die Offenbarung durch den göttlichen Geist wird dabei zwar nicht in Frage gestellt, Erkenntnisse können aber aktiv gesucht und gefunden werden, da der göttliche Geist den ihm ähnlichen menschlichen Verstand dazu be-fähigt.

In der frühen Neuzeit (Renaissance und Frühaufklärung: 1450 bis 1600 n.Chr.) beginnt sich der Mensch als eigenständig erkenntnisfähig zu erfahren. An die Stelle einer göttlich offenbarten Welt tritt ein na-turalistisches Weltbild, das aus der Perspektive des Menschen als Be-trachter aufgefasst wird.

In der empiristischen und rationalistischen Aufklärung wird „Erkennt-nis“ als Leistung des wahrnehmenden und denkenden Subjekt verstan-den. Erkenntnisse werden aus Sinnesdaten und kognitiven Ordnungs-funktionen gewonnen und sind stets auf das erkennende Subjekt bezo-gen. In der radikalsten Form des sensualis-tischen Idealismus  des irischen Philosophen und Bischofs von Cloyne, George Berkeley <1685 – 1753>, wird das „Sein“, die Wirklichkeit der Objekte mit deren sub-jektiven Wahrnehmung gleichgesetzt („esse est percipi“ = „Sein ist Wahrgenommen-werden“)

Mit der sog. Transzendentalphilosophie Kants vollzieht sich die sog. „kopernikanische Wende“ der Philosophie. Bisher wurde unter „Er-kenntnis“ die zutreffende Auffassung der an sich strukturierten und gestalteten Objekte verstanden. Bei aller Aktivität des Subjekts im Rahmen des Erkenntnisvorganges lag eine wahre Erkenntnis nur dann vor, wenn das unabhängig vom erkennenden Subjekt existierende Objekt durch den Verstand zutreffend abgebildet wurde.

Kant schreibt in der Vorrede zur zweiten Auflage der „Kritik der reinen Vernunft“ von 1787:

„Bisher nahm man an, alle unsere Erkenntnis müsse sich nach den Ge-genständen richten. Aber alle Versuche, über sie etwas a priori auszu-machen, wodurch unsere Erkenntnis erweitert würde gingen unter dieser Voraussetzung zu nichte. Man versuche es daher einmal, ob wir nicht in den Aufgaben der Metaphysik besser fortkommen, dass wir annehmen, die Gegenstände müssen sich nach unserer Erkenntnis richten, welches so schon besser mit der verlangten Möglichkeit der Erkenntnis derselben a priori zusammenstimmt, die über Gegenstände ehe sie uns gegeben werden, etwas festsetzen soll. Es ist hiermit ebenso, als mit den ersten Gedanken des Kopernikus bewandt…..“ (Kant, Akad.Ausg., III, 12; XVI)

„Transzendental“ steht bei Kant zur Kennzeichnung der apriorischen, d.h. nicht aus der sinnlichen Wahrnehmung und Erfahrungsbildung herleitbarer kognitiven Grundstrukturen des Verstandes (Formen der Anschauung = Raum und Zeit sowie die sog. Kategorien der Quantität = Zahl und Größe; Qualität = Beschaffenheit; Relation = Substanz und Akzidens, Kausalität und Korrelation; und Modalität = Möglichkeit, Wirklichkeit und Notwendigkeit).  Die Bedingungen der Möglichkeit der Erfahrungsbildung wird bei Kant zur Bedingung der Möglichkeit der Gegen-stände der Erfahrung selbst. In anderer Weise können uns Gegenstände der Erfahrung nie begegnen. 

Nach Kants sog. „Konstitutionstheorie“ werden alle Objekte möglicher Erfahrung durch den apriorischen, d.h. jeder Erfahrung vorhergehen-den, subjektiven menschlichen Erkenntnisapparat gestaltet und be-griffen. Was oder wie die Objekt „an sich selbst“ sind, kann von uns Menschen nicht erkannt werden. Kant nennt dies das „Ding an sich“ oder das „x ignotum“ ( „Das unbekannte x“).

In der nachkantischen Philosophie ist dieser Gedanke, dass die Gegen-stände der Erfahrung durch unseren Erkenntnisapparat „konstituiert“ oder „konstruiert“ werden, in die unterschiedlichsten philosophischen Strömungen eingeflossen. Auch wenn die dahinterstehende „Bewusst-seins-„ bzw. „Reflexionsphilosophie“ dabei zum Teil abgelehnt wurde, blieb das Verständnis dafür erhalten, dass Erkenntnis an die spezifisch menschlichen Bedingungen der Erfahrung, seien sie nun kognitiv, sprachlich oder pragmatisch, gebunden ist.

Abgesehen von streng materialistischen bzw. realistischen Positionen gehen die meisten philosophischen Richtungen des 20.  Jahrhunderts davon aus, dass die „Erkenntnis von Welt“ in irgend einer Weise  eine zumindest mitwirkende Leistung des Subjekts voraussetzt.

Der erkenntnislogische Realismus oder Naturalismus setzt die Annahme voraus, dass das Objekt der Erkenntnis in sich vollständig strukturiert und gestaltet ist und das erkennende Subjekt Mensch rein passiv re-zeptiv dessen Strukturen und Gestalten vermittelt durch seine Sinne „wahrnimmt“. Bereits im Begriff „wahr-nehmen“ zeigt sich jedoch eine Leistung des Subjekts an, durch die sinnliche Eindrücke auf ihren zutreffenden „Sachgehalt“ geprüft werden. Jeder sinnliche Eindruck, jede „Wahrnehmung“ ist bereits auf eine kritische Prüfung durch den Verstand bezogen, der Phantasiebilder und Sinnestäuschungen von sachgemäßen „Wahrnehmungen“ zu unterscheiden erlaubt.

Demgegenüber geht die Mehrzahl der philosophischen Ansätze der zweiten Hälfte des 19 Jahrhunderts und des 20. Jahrhunderts davon aus, dass dem erkennenden Subjekt im Vorgang der „Erkenntnis“ eine aktive Rolle zukommt.

Arten der Erkenntnis:

 – intuitive Erkenntnis: Unmittelbares Einsehen durch „Evidenz“. Die Erkenntnis „leuchtet unmittelbar ein“. Evidenzen sind dabei sowohl bei unmittelbar anschaulichen Gegebenheiten (Phänomenologie) als auch bei einfachen mathematischen und logischen Operationen möglich.

– diskursive (symbolisch -sprachliche) Erkenntnis: die Einsicht setzt eine Begründung bzw. Rechtfertigung durch Argumente voraus. Die Argumen-tationskette besteht dabei aus einer Folge von auf „Einsichten“ beru-henden Aussagen bzw. Behauptungen, die formal-logisch korrekt ver-knüpft sind. Bei unanschaulichen, abstrakten Gegenständen (wissen-schaftliche Theoriebildung, Ethik, Rechtstheorie etc.) tritt an die Stelle der „Einsicht“ die Korrektheit der Methode der Erkenntnisbildung.

Formen der Erkenntnis

– analytisch-zergliedernd: Erklären (Warum kommt kein Wasser aus dem Gartenschlauch?)

– holistisch-hermeneutisch: Verstehen (Was ist die Natur? Was ist der Mensch? Warum ist etwas und nicht vielmehr nichts?)

– systemtheoretisch: Verbindung von Kausalität und Finalität (Funktionalismus, Kybernetik, Autopoesie (gr. „autopoesis“ – Selbstherstellung))

1.5. Die Unterscheidung von Empirismus und Rationalismus

Die Unterscheidung von Empirismus und Rationalismus wird erst im Gefolge von Kant ab dem Beginn des 19. Jahrhunderts in der Philoso-phie allgemein gebräuchlich. Erstmals Erwähnung findet sie jedoch bereits bei Francis Bacon < 1551 – 1626 >

In der Antike wird die Unterscheidung nur bezüglich der Einteilung der Medizin in „medicina rationalis“, d.h. theoretische, und „medicina empirica“, d.h. praktische Medizin gebraucht. Als „Empiricus“ wurde damals ein praktisch tätiger Arzt bezeichnet. So ist aus dem Namen des skeptischen Philosophen Sextus Empiricus abzuleiten, dass dieser praktischer Arzt war.

Die Ausarbeitung der beiden Positionen erfolgt vom 16. bis ins 18. Jahrhundert, wobei sich der Empirismus hauptsächlich aus der briti-schen Insel entwickelt und der Rationalismus im kontinentaleuro-päischen Bereich.

Im 19. Jahrhundert hat der britische Philosoph John Stuart Mill <1806 -1873> unter dem Aspekt der wissenschaftlichen Methodenbildung weiterentwickelt. Der Sache nach wird der Empirismus vom sog. „Positivismus“ (Auguste Comte <1798 – 1857>) abgelöst, der die Erkenntnisbildung ebenfalls von dem sinnlich wahrnehmbaren Gegebenen ausgehen lässt.

Nach dem Ende des sog. „Deutschen Idealismus“ (Fichte, Schelling, Hegel; ca. ab 1840) werden rationalistische Ansätze noch im sog. „Neukantianismus“ und der Phänomenologie vertreten, in letzterem jedoch stark geprägt durch den Positivismus ( E. Husserl: „Zu den Sachen selbst“)

Zu Beginn des 20. Jahrhunderts versuchen die Vertreter des sog. „logi-schen Empirismus“ bzw. „logischen Positivismus“ (Ludwig Wittgenstein I, „Wiener Kreis“, Ernst Mach, Rudolf Carnap, Otto Neurath, Moritz Schlick) auf empiristischer Grundlage eine Idealsprache zu entwickeln, mit deren Hilfe eine Abbildung des Sachzusammenhanges der Erfah-rungswelt durch eindeutig bestimmte Begriffe gewährleistet werden sollte. Das Programm entsprach dem der sog. „analytischen Philoso-phie“ (Gottlob Frege, Bertrand Russell,   Alfred Tarski, Williard van Orman Quine, Gilbert Ryle, Saul A. Kripke; Hilary Putnam).

Die Vertreter des sog. „kritische Rationalismus“ (Karl Raimund Popper, Hans Albert) sehen dieses Programm als undurchführbar an. Die Erfah-rungsbildung, zumal in den Wissenschaften, erfolgt nämlich dadurch, dass Theorien und Hypothesen als vorausgehende Gedanken in der Erfahrung überprüft werden.

Nach der Auffassung der „kritischen Rationalisten“ können Theorien und Hypothesen als Grundlagen der Wissensbildung in der konkreten Erfahrung (Beobachtung oder Experiment) aber nur bestätigt und nicht – auch im empiristischen Sinn –  als „wahr“ erwiesen werden, weil nicht ausgeschlossen werden kann, dass diese durch die nächste Beobachtung oder das nächste Experiment widerlegt werden.

Die „kritischen Rationalisten“ haben sich dadurch von der Suche der Rationalisten Rene Descartes, Baruch de Spinoza und Gottfried Wilhelm Leibniz nach Gewissheit verabschiedet. Wissen und Erkenntnis sind da-nach grundsätzlich „fallibel“ (lat. „fallibilis“ = „trügerisch“, „irrtums-anfällig“). Statt „Wahrheit“ kann nur eine mehr oder weniger häufige „Bestätigung“ erreicht werden. (sog. „Fallibilismus“)

Was versteht man unter Empirismus und Rationalismus?

1.5.1. Empirismus

Als Empirismus wird die erkenntnistheoretische Auffassung bezeichnet, wonach alle Erkenntnis von in der Erfahrung begegnenden Einzelgegen-ständen und Einzelereig-nissen aus geht. Das Wort leitet sich vom alt-griechischen Wort  „empeiria“ = „Erfahrung“, „Kenntnis“ ab.

Der Empirismus geht auf Aristoteles  < 384 – 322 v.Chr.> zurück, für den alles Wissen und alle  Wissenschaft in die Einzelwahrnehmung bzw. Beobachtung (in den Sinnen) beginnt.(S.  Aristoteles, An.post., Zweites Buch, Kapitel 19).

Aufgabe des Denkens ist es, aus der konkreten sinnlichen Wahrnehmung oder Vorstellung den Gegenstand einer möglichen Erkenntnis zu machen, indem sie dessen überindividuelle Merkmale herausstellt:

„Denn man nimmt das Einzelne wahr, aber die Wahrnehmung geht auf einen allgemeinen Gegenstand“ (An.post., Zweites Buch, 19. Kapitel, 100a, 20 f)

Dieser Ansatz wurde seit dem 16. Jahrhundert vor allem von angelsäch-sischen Philosophen weiterentwickelt, so dass oft auch von „britischen Empirismus“ gesprochen wird. Hauptvertreter sind Francis Bacon, Thomas Hobbes, John Locke, Gorge Berkeley, David Hume und John Stuart Mill.

– Francis Bacon < 1551 – 1626 > : Entwicklung der empirischen Methode durch Beobachtung und Experiment (“De nova Atlantis“ und „Novum Organon“)

– Thomas Hobbes < 1588 – 1679 > und John Locke < 1632 – 1707> : philosophi-sche Begründung des Empirismus in Auseinandersetzung mit dem Rationalisten Ren Descartes. Locke: Verstand ist ein „leeres Kabinett“ („tabula rasa“), aber „ideas of reflection“ entstehen durch „innere Wahrnehmung“

George Berkeley  < 1685 – 1753 > und David Hume < 1711 – 1776 > : Darlegung der idealistischen und skeptischen Konsequenzen eines strikten Empirismus

John Stuart Mill < 1806 – 1873 >: Logische Begründung der induktiven Methode

Die Erfahrungsbildung beginnt mit einfachen Wahrnehmungen und Be-obachtungen, die – soweit möglich – in Experimenten unter kontrollier-ten Bedingungen wiederholt werden. (Vermögen der Sinne)

Bei den beobachtbaren Einzelgegenständen und Einzelereignissen wird nach Übereinstimmungen und Ähnlichkeiten gesucht, und diese danach in allgemeine Klassen zusammengefasst (Methode der Abstraktion oder Induktion). (Vermögen des Verstandes).

Hierdurch werden allgemeine Vorstellungen und Begriffe gebildet, die jedoch nur im Verstand vorhanden sind und keine Eigenschaften der Gegenstände und Ereignisse selbst darstellen (sog. Nominalismus; anders noch Aristoteles)

Der Empirismus entspricht am ehesten unserer natürlichen Auffassung von Erkenntnisbildung und wird – allerdings meist in der Form eines ontologischen Realismus – in den sog. Naturwissenschaften vertreten.

In der Philosophie begegnet der strenge Empirismus folgenden Bedenken:

Wenn Wahrnehmungen (Sinnesdaten) ontogenetisch auf einen „leeren“ Verstand treffen, wie entstehen dessen Fähigkeiten zur Ordnung der Sinnesdaten durch Abstraktion? (Was bedeutet „innere Wahrnehmung“ bei Locke?)

Wenn alle Erkenntnis nur auf der Wahrnehmung von Sinnesdaten be-ruht, die im Verstand „Ideen“ verursachen, was wissen wir dann von den Dingen selbst?

Wie kann man durch Induktion zu allgemeingültigen Aussagen kommen?

2. Rationalismus

Unter Rationalismus wird die erkenntnistheoretische Auffassung ver-standen, wonach die Erkenntnis der Gegenstände und Ereignisse der Erfahrungswelt durch apriorische Eigenschaften und Funktionen des Verstandes ermöglicht wird. Der Begriff leitet sich vom lat. Wort „ratio“ = „Vernunft“, „Überlegung“, „Begründung“, „Grund“ ab.

Die antiken Vorläufer des Rationalismus ab dem 16. Jahrhundert finden sich in der Ideenlehre des Platon sowie im „logos“- Begriff der Stoiker. Die Erkenntnis eines Einzelgegenstandes bzw. Einzelereignisses ist nur möglich als Exemplar eines Allgemeinen, das sich nur im Verstand (Idee, logos) finden kann.

Hauptvertreter des kontinentaleuropäischen Rationalismus ab dem 17. Jahrhundert sind Rene Descartes, Baruch de Spinoza, Gottfried Wilhelm Leibniz und die deutsche „Schulphilosophie“ um Christian Wolff <1679 – 1754>

Im Zusammenhang mit dem Rationalismus stehen auch die Begriffe „Bewusstseinsphilosophie“ oder „Reflexionsphilosophie“. Hierunter wird verstanden, dass das Denken und Vorstellen sich selbst hinsichtlich seiner Voraussetzungen und Bedingungen zum Gegenstand nimmt, sich gewissermaßen auf sich selbst zurückbeugt (lat. „reflectere“ = „zurück-beugen“, „zurückwenden“). Als Bewusstseins- bzw. Reflexionsphiloso-phien werden insbesondere die Philosophie Rene Descartes, Immanuel Kants, Johann Gottlieb Fichtes, G.W.F. Hegels und Teile der Philosophie Edmund Husserls (transzendentale Phänomenologie) bezeichnet.

Dem Rationalismus eigentümlich ist die Vorstellung der Gleichursprüng-lichkeit von Denken und Sein, sei es vermittelt über „Gott“ als „All-Einem“, der als Garant der Richtigkeit des Denkens fungiert wie bei Descartes, als Identität von Geist und Materie (Natur) im Pantheismus Spinozas, in der „prästabilierten Harmonie“ Leibniz´ und letztlich in der Identitätsphilosophie Schellings.

Auch Rationalisten gehen davon aus, dass es ein außerkognitives, außermentales Sein gibt. Dieses ist jedoch nur dadurch erkennbar, dass es durch apriorisch vorhandene Strukturen des Denkens oder des Geistes „geformt“ wird. Die Formprinzipien (alt-gr. „idea“; „ideae innatae“) werden im Rationalismus durch den Verstand an die Sinnes-daten herangetragen. Im Gegensatz dazu gehen Empiristen davon aus, dass bereits die erkennbare Erfahrungswelt an sich gestalthaft ist und sich diese Gestalt dem Verstand einprägt.

Nach Rene Descartes und Gottfried Wilhelm Leibniz sind diese Ideen sog. „Vernunftwahrheiten“, die durch keine Erfahrung widerlegt werden können. (z.B. Satz des Widerspruches <„entweder a oder nicht a“> oder Satz des Grundes <„aus nichts wird nichts“ oder  „nichts entsteht ohne Grund“ „nil fit sine ratione“)

Das Problem des „zureichenden Grundes“ (Kausalprinzip als Grundlage der sog. Naturwissenschaften) wird Kant zu der Formulierung seiner „Transzendentalphilosophie“ veranlassen, durch die er Empirismus und Rationalismus zu versöhnen versucht.

Empiristen und Rationalisten sind in vielen Punkten ihrer Philosophien nicht so weit entfernt, wie es die Gegenüberstellung vermuten lässt. Auch für Rationalisten ist eine Tatsachenerkenntnis nicht ohne Sinnes-daten und Wahrnehmung möglich.

1.6 Was ist „Ontologie“?

Das Wort „Ontologie“ ist erst im 16. Jahrhundert entstanden. Es leitet sich vom griechischen „to on“ „das Sein“ ab und findet sich erstmals in der sog. Schulphilosophie des 16. und 17. Jahrhunderts sowie bei Gottfried Wilhelm Leibniz.

Auch die Wortwurzel „ontos“ = „wahrhaft“, „wirklich“, „in Wahrheit“ als Begriff für die Frage nach dem „wahrhaft Seiendem“ kommt in Betracht. Seit Beginn des philosophischen Denkens wurde nämlich das „Sein“ dem „Schein“ entgegengesetzt. Bereits in der vorsokratischen Philosophie findet sich die Unterscheidung von „Sein“ und „Schein“ (bloße, möglicherweise trügerische Erscheinung). In der „Ontologie“ werden daher die Fragen gestellt, was das „Sein“ selbst ausmacht („quoditas“ = das „Dass-Sein“) und wie das Seiende verfasst ist („quiditas“ = das „Wie-Sein“)

Der Sache nach findet sich die Ontologie bereits in der Metaphysik des Aristoteles, wobei diese dort mit der Theologie verbunden ist. Die im 17. Jh. grundgelegte Trennung der natürlichen Theologie von der „Ontologie“ vollendet sich bei Chr. Wolff <1679–1754>, und zwar exemplarisch in seinem lateinischen Werk „Ontologia seu philosophia prima est scientia entis in genere seu quatenus ens est“ („Die Ontologie oder Erste Philosophie ist die Wissenschaft vom Seienden im Allgemei-nen bzw. sofern es Seiendes ist“).

Kant kritisiert das Vorhaben der so verstandenen „Ontologie als „an-maßend“, weil sie vorgibt die „Dinge an sich selbst“ in ihrer Struktur und Sosein darzustellen. Nach Kants „Transzendentalphilosophie“ lassen sich dagegen nur die Verstandesbegriffe, die die Erscheinungen konstituieren und strukturieren, darstellen. Hegels Philosophie des sich objektivierenden Geistes begreift die Ontologie im Anschluss daran als „Wesenslehre der unmittelbar gegebenen Gegenstände“. In dieser Weise versteht auch Edmund Husserl den Gegenstand seiner Phänome-nologie („Zu den Sachen selbst“) als Suche nach den Konstitutionsbe-dingungen des Seienden als Gegebenen.

Die „Ontologie“ wird meist als Unterdisziplin der „Metaphysik“ an-gesehen, die daneben auch die Erkenntnistheorie – Beziehung von erkennendem Subjekt und erkanntem Objekt – mit beinhaltet.

Eine Frage der Ontologie ist auch das Verhältnis von Essenz (Wesen)  und Existenz (Dasein). Zunächst betrifft die Essenz das „Was-Sein“ einer Sache und die Existenz ihr „Dass-Sein“. Das Wesen einer Sache wird durch Allgemeinbegriffe (Prädikate) ausgesagt, die Existenz durch eine deiktische (hinweisende) Aussage ohne Prädikate:

„Hans ist ein Mann, 45 Jahre alt und Lehrer“ (kann auch eine nur gedankliche Vorstellung betreffen; z.B. in einem Roman): Wesensaussage

„Das da ist Hans“: Existenzaussage (Heidegger: Dasein =  In-der-Welt-Sein)

Husserl sieht die Ontologie als Wesenswissenschaft und damit als Teil einer objektiven, materialen Logik. Ontologie ist an der Frage des „Was-Seins“ orientiert.

Sein Schüler Heidegger dagegen entwirft in seinem Werk „Sein und Zeit“ eine „Fundamentalontologie“, worunter er bereits dort eine Analyse des Daseins als „In-der-Welt-Sein“ versteht. Die Blickrichtung wendet sich vom „Was-Sein“ zum „Dass-Sein“, zu einem Sein, dass sich selbst als existierend verstehen kann. Sie ist insoweit nicht mehr logisch, sondern hermeneutisch fundiert.

Nach J.-P. Sartre geht – Heidegger folgend – die „existentia“ des Menschen der „essentia“ voraus. Heidegger grenzt sich aber in seiner späteren Philosophie entschieden gegen Sarte´s Verständnis des Seins als konkret menschliches Hier- und Jetzt sein ab. Er wirft Sartre vor, damit im Denken der Subjekt-Metaphysik zu verbleiben. Heidegger verwendet deswegen in seiner späten Philosophie den Begriff der „Ek-sistenz“, um sich von Sartre´s  Philosophie des „Existenzialismus als Humanismus“ zu unterscheiden.

Heidegger betont die „Differenz von Seiendem und Sein“.  „Sein“ ist zwar „jeweils das Sein eines Seienden“ (Heidegger SuZ, 9), es ist aber „nicht so etwas wie Seiendes“ (aaO, 4). Nach Heidegger verfehlt die Metaphysik mit der „Frage nach dem Ding“ (dem Seienden) die eigentliche Frage der Philosophie: nach dem Sinn von „Sein“.

Während Heidegger in „Sein und Zeit“ (SuZ) noch aus der Selbstver-ständigung des menschlichen „Daseins“ als „In-der-Welt-Sein“ er-schließen will, kann dessen hermeneutische Ontologie der späteren Jahre nur auf den „Zuspruch des Seins“ in der Dichtung als besondere menschliche Art des Weltverhaltens „warten“. Heideggers Spätphiloso-phie steht unter dem Wort der „Gelassenheit“, worunter er die auf den Zuspruch des Seins bezogene Haltung versteht.

Heidegger, der hier in seiner Spätphilosophie der Mystik Plotins nahe- steht, hat durch diese Gedanken die Philosophie der Postmoderne, insbesondere Lyotard und Derrida entscheidend beeinflusst.

Die metaphysik- und vernunftkritische „Postmoderne“ setzt der Ratio-nalität des neuzeitlichen logisch-technologischen Denkens mit seinem Vorrang des Allgemeinen, das „Sein“ des partikularen Individuums entgegen, das sich nur in seiner Differenz gegenüber dem Anderen zur Geltung bringen kann. Die Philosophie der Postmoderne ist der Versuch, das Singulare, das Einzelne, das „Dass-Sein“ ohne alle allgemeinen Bestimmungen zur Sprache zu bringen.

Bei Lyotard geschieht dies durch den Rückgriff auf den Widerstreit und das Ästhetische, bei Derrida durch die „Dekonstruktion“ der „Schrift“ als Chiffre für die Uneigentlichkeit der Sprache selbst.

1.7 Was sind Theismus, Deismus und Pantheismus

Theismus, theistisch: Vorstellung eines persönlichen Gottes, der als Schöpfer der Welt den Menschen die Wahrheit qua Willensakt offenbart und auch noch wie vor lenkend in den Weltenlauf eingreift.

Der Begriff wird aber auch allgemein als Gegenbegriff zu Atheismus verwendet, um den Glauben an einen persönlichen Gott zu bezeichnen. Bis in das späte 18. Jahrhundert werden die Begriffe Theismus und Deismus oft synonym gebraucht.

Eine typische theistische Vorstellung liegt dem sog. Okkasionalismus (N. Malebranche) zugrunde, wonach Gott immer wieder bei Gelegenheit (lat. „occasio“ = Gelegenheit) in das Weltgeschehen eingreift.

Deismus, deistisch: auch der Deist glaubt an einen persönlichen Gott leugnet aber, dass dieser in das Weltgeschehen nach der Schöpfung eingreift. Auch offenbart sich Gott den Menschen nach der Schöpfung nicht mehr durch Willensakt.

Der Deismus beruht auf der Vorstellung eines durch die Vernunft, d.h. rational erkennbaren Gottes, der die Welt nach Vernunftgrundsätzen geschaffen hat, danach aber nicht mehr in den Weltlauf eingreift: „Uhrmacher-Gott“ (G.W. Leibniz). Gott ist danach der vollkommene Konstrukteur einer Welt, die die „beste aller möglichen Welten darstellt“ (Leibniz). Ein Eingreifen Gottes ist daher weder möglich noch nötig.

Pantheismus, pantheistisch: der Begriff wurde erst im frühen 18. Jahr-hundert als kritische Kennzeichnung einer Position verwendet, die die Unterscheidung von Gott und Welt, von Gott und Natur aufhebt, und die Gesamtheit aller Dinge und allen Seins mit Gott gleichsetzt. Die Vorstellung eines seiner Schöpfung gegenüberstehenden persönlichen Gottes wird aufgegeben.

Obwohl der Pantheismus bereits bei den Stoikern (Gott ist in seiner Schöpfung real gegenwärtig) vertreten wird, wird er in der Neuzeit mit dem Philosophen Baruch de Spinoza verbunden („deus sive natura“ = „Gott oder auch Natur“). Mit dem Begriff „Spinozismus“, „spinozis-tisch“ wird diese Auffassung daher auch bezeichnet.

An die Stelle der Vorstellung eines personalen wollenden Gottes tritt die eines „all-einen“ Gottes der „nur in sich selbst“ existiert.

EDMUND SANDERMANN 17.10.2021

DANKE! Um 1000€ gebeten, über 1800€ wurden für unseren serbischen methodistischen Freunden ans Vrbas gespendet!

Sie haben die Fastenaktion für Osteuropa der bayerischen Landeskirche 2018 eröffnet. 2019 waren zu einem Freundschaftsgegenbesuch in der Region Novi Sad und auch in Vrbas mit dem Jugendchor und dem Gospelchor unter der Leitung von Silke Kupper. Pfarrer Dragan Trajcevski schreibt:

Otkober 2021:

Lieber Jan! Nun ist unsere Suppenküche fertig. Das was bleibt ist Technische Genehmigung und das ist ein Prozess. Fassadde und Kanalisation, die du auf den Fotos sehen kannst, sind fertig. Dafür sind wir dir und allen Spendern vom Herzen dankbar. Gott segne und bawahre euch auf allen euren Wegen und in all eurem Tun! Herzlich, Dragan Trajcevski

Januar 2021: Lieber Jan-Peter, liebe Silke,

Ich hoffe, mein Schreiben findet Euch bei guter Gesundheit. Ich habe ein Anliegen im Hinblick auf den Bau unserer Suppenküche. Bald ist es fertig. Ich sende dir einige Fotos. Kartoffeln und 2000 Dosen/fertige Speisen haben wir in diesem Jahr verteilt.

In diesem Jahr sollten wir dann zur ersten Mal in unserem neuen Objekt kochen. Zwei letzte Schritte sind noch übriggeblieben. Sanitär (Hahn, WC, Waschbecken …)  einzubauen und Fassade. Dafür haben wir zwar Finanzen, aber da in diesem Jahr Baumaterialien etwas teurer geworden sind, das betrifft auch einige vorherige Arbeiten, die abgeschlossen sind, werden uns 1000 € dafür fehlen. Meine Frage lautet also: Ist es möglich, dass ihr uns dabei unterstützt? Ganz oder zum Teil?  Ich freue mich auf Eure Antwort.

Wenn du weitere Fragen oder Anliegen hast, stehe ich dir gerne zu Verfügung. 

Herzliche Grüße und Segenswünsche aus Vrbas.

Pfarrer Dragan Trajcevski