Liebe Erstklässler der Grundschule I in Lauf: 384€ habt ihr im Erstklässler-Segnungsgottesdienst für die Flüchtlingskinder im Lyzeum Nr.9 in Winnyzja gegeben! Hier seht ihr, dass das Geld angekommen ist.
Der Rektor der Schule hat sich ebenfalls in einem Schreiben auf Deutsch bedankt:
Herzlichen Dank!
Sehr geehrter Herr Jan-Peter Hanstein,
die kommunale Einrichtung „Vinnytsia Lyceum No. 9″ spricht Ihnen persönlich ihren aufrichtigen Respekt für Ihre Unterstützung von Vertriebenen und Bürgern der Ukraine aus, die unter dem bewaffneten Konflikt gelitten haben. Bis heute gibt es 85 Binnenvertriebene, darunter 10 Kinder, darunter 5 Kinder im schulpflichtigen Alter, die aufgrund der lnvasion der Russischen Föderation auf dem Territorium der Ukraine gezwungen waren, ihren ständigen Wohnsitz zu verlassen. Die Zahl der Binnen vertriebenen in Institutionen wächst jeden Tag weiter.
In Anbetracht dessen und unter Berücksichtigung des dringenden Bedarfs an Schulmaterial haben wir mit den Geldern, die Sie vor dem Schuljahr im Gottesdienst von den Kindern gesammelt haben, die notwendigen Güter für den Bildungsprozess gekauft und an die Kinder von Binnenvertriebenen übergeben die in unserer Einrichtung leben.
Die kommunale Einrichtung „Vinnytsia Lyceum No. 9″ hofft auf lhre weitere Unterstützung und Hilfe.
Deutschland und Europa stehen vor einer historischen Bewährungsprobe. Der brutale Angriffskrieg auf die Ukraine, der Klimawandel und das Artensterben, der Hunger in vielen Ländern des Südens, Covid-19 und weltweit gestörte Lieferketten – diese enormen Herausforderungen können wir nur gemeinsam bewältigen.
Eine der Konsequenzen der vielen Krisen ist eine Inflation mit dramatisch steigenden Preisen für Energie und Lebensmittel und höchst unsozialen Folgen. Für den Zusammenhalt in unserem Land kommt es jetzt darauf an, zuerst die in den Blick zu nehmen, die auf Solidarität angewiesen sind: Menschen mit geringen bis durchschnittlichen Einkommen, Rentner*innen und Bezieher*innen von Transferleistungen. Sie brauchen nun umgehend eine Entlastung von der Inflation und den aus dem Ruder gelaufenen Energiekosten. Dabei sind besonders diejenigen in Mitverantwortung zu nehmen, die über große Einkommen und Vermögen verfügen.
Wir alle sind jetzt gefragt, unseren persönlichen Beitrag zum sozialen Frieden und zum Zusammenhalt in unserer Demokratie zu leisten. Starke Schultern können und müssen mehr tragen – das ist ein zentraler Grundsatz unserer sozialen Marktwirtschaft. Wir brauchen umgehend ein zielgenaues und wirksames Entlastungspaket für die, die bereits heute fast zwei Drittel ihres Einkommens für Lebensmittel, Energie und Miete aufbringen müssen. Gute Vorschläge dazu liegen bereits vor. Sie müssen jetzt politisch umgesetzt und gegenfinanziert werden von denen, die das leisten können und womöglich sogar von den diversen Krisen profitieren.
Unser demokratischer Sozialstaat mit seiner offenen Gesellschaft verspricht allen Bürgerinnen und Bürgern eine gerechte Teilhabe, unabhängig von Geschlecht, Alter oder Herkunft. Dieses Versprechen ist wertlos, wenn es sich in Krisenzeiten nur für die Einkommens- und Leistungsstarken im Land bewahrheitet. Sollte das geschehen, droht unserer Demokratie eine nie dagewesene soziale und politische Zerreißprobe.
Russlands Machthaber Wladimir Putin will die westlichen Demokratien destabilisieren und spalten. Wir rufen alle Bürgerinnen und Bürger auf: Treten wir dieser zerstörerischen Strategie durch unseren Zusammenhalt gemeinsam entgegen!
Wir stehen für eine nachhaltige und ökologische Politik des Respekts, der gegenseitigen Verantwortung und der Solidarität in einer offenen Gesellschaft. Wir bitten Sie: Unterstützen Sie alle, die für Demokratie, sozialen Zusammenhalt und Gerechtigkeit einstehen.
Unser Gemeinwesen gründet auf gelebter Solidarität. Deswegen tragen die Starken gerade jetzt eine besondere Verantwortung.
Liste der Erstunterzeichnenden Berlin, den 1. August 2022
* Ulrich Lilie, Präsident der Diakonie Deutschland
* Frank Werneke, Vorsitzender der Vereinten Dienstleistungsgewerkschaft (ver.di)
* Reiner Hoffmann, ehemaliger Vorsitzender des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB)
* Dr. Annette Kurschus, Vorsitzende des Rates der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD)
* Heinrich Bedford-Strohm, Landesbischof der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Bayern
* Karl-Josef Laumann, Bundesvorsitzender der Christlich-Demokratischen Arbeitnehmerschaft (CDA)
* Verena Bentele, Präsidentin des Sozialverbandes VdK
* Prof. Dr. Rolf Rosenbrock, Vorsitzender des Paritätischen Gesamtverbandes
* Michael Groß, Präsident der Arbeiterwohlfahrt (AWO)
* Guido Zeitler, Vorsitzender der Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten (NGG)
* Jochen Brühl, Vorsitzender der Tafel Deutschland
* Dr. Gerd Landsberg, Hauptgeschäftsführer des Deutschen Städte- und Gemeindebundes (DStGB)
* André Wilken, Geschäftsführer European Cultural Foundation
* Olaf Zimmermann, Geschäftsführer des Deutschen Kulturrates
* Prof. Dr. Gesche Joost, Professorin für Designforschung an der Universität der Künste Berlin
* Prof. Dr. Marcel Fratzscher, Präsident des Deutschen Institutes für Wirtschaftsforschung (DIW Berlin)
* Stefan Wegner, Partner Scholz & Friends
Kontakt & V.i.S.d.P.: Diakonie Deutschland, Zentrum Kommunikation, Evangelisches Werk für Diakonie und Entwicklung e.V.
14.7.22: Zwei russische Raketen in Winnyzja eingeschlagen
Vielleicht haben Sie es auch in den Nachrichten gehört oder gelesen. 6 Raketen wurden auf Winnyzja abgefeuert, 4 Raketen wurden abgefangen, aber zwei Raketen haben die Stadt erreicht und viele Menschen getötet und verletzt. Pfarrerin Kostenka ist unverletzt. Unser Projekt ist nicht gefährdet, auch wenn Cafe Trapeza tatsächlich in dem betroffenen östlichen Stadtteil liegt: Pfarrerin Larissa Kostenko schrieb wenige Minuten später am 14.7. um 10:35 Uhr:
In unserem Stadtteil gibt es viele Opfer. Ein Offiziershaus wurde zertrümmert, ein Parkplatz für etwa 50 Autos und ein gegenüberliegendes Wohnhaus. In der Nähe des Entbindungsheims sind Fenster und Türen zerbrochen. Ich bin gerade nach Hause gekommen.
Der Einschlag erfolgte neben der Schule, in der Flüchtlingsfamilien untergegracht sind und wo wir 60 Menschen ernähren. Es ist gerade unmöglich, auf die andere Seite zu gelangen, alles ist blockiert. Während unsere bei Cafe Trapeza alle am Leben sind, transportieren Krankenwagen immer noch die Verletzten.
17:13 Uhr: Eine Stunde später schreibt Pfarrerin Larissa Kostenko:
Über 100 Menschen verletzt – 30 Menschen und 3 Kinder wurden getötet, 40 weitere unter den Trümmern.
18:45 Uhr Wo wir Mahlzeiten in dem Heim ausgeben, wurde 1 Person getötet und 2 verwundet. Sie waren zufällig in diesem Moment in diesem Teil der Stadt. Die Schule ist intakt, jetzt habe ich mit dem Direktor gesprochen. Ob alle Bewohner überlebt haben, wird bekannt werden, wenn sie für die Nacht zurückkehren. Obwohl wir schon eingekauft hatten, gab es heute keine Möglichkeit, die Essen auszuliefern, wir werden es morgen früh versuchen. Es gab Explosionen, die Krankenwagen transportieren noch immer die Verletzten.
21.02 Uhr: Eine Stunde später schreibt Pfarrerin Larissa Kostenko:
Gott sei Dank leben alle anderen aus der Schule noch und morgen werden wir sie definitiv versorgen. Gott beschütze uns. Gute Nacht.
#tafelwinnyzja
15.7. Ein Gebet von Larissa
Gott beschütze uns. Gib uns Frieden. Licht und ewige Erinnerung an die Toten. Gott, unser himmlischer Vater, im Namen unseres Retters Jesus Christus, ich bitte dich um Vergebung und Heilung! Segne uns und nimm die Hände von denen weg, die Böses gegen die Menschheit planen! Ich glaube an Deine Macht und Stärke! Herr Jesus Christus, heile die Opfer, nimm den Feind der Menschenseelen von uns! Berühre den Geist und das Herz der Herrscher aller, von denen das Leben abhängt, damit sie nur Deinen Willen erfüllen und nicht ihren eigenen. Alles, was das Böse gegen die Völker der Erde geplant hat, verbiete ihm und lass ihn nicht tun, im Namen unseres Herrn Jesus Christus! Himmlischer Vater, ich rufe dich auf, lass das nicht noch einmal passieren. Vergib uns, barmherziger Gott. Wir vertrauen auf Deine Barmherzigkeit und Vergebung! Zeige der Welt deine Barmherzigkeit und Heilung! Gepriesen sei Dein heiliger Name des Vaters, des Sohnes und des Heiligen Geistes! Ich bitte demütig darum, dass Dein Wille an uns geschehe!
Ehre sei dem Vater, dem Sohn und dem Heiligen Geist jetzt und für immer und ewig!
Joh 8 Jesus und die Frau, die beim Ehebruch ertappt wurde NGÜ
2Früh am Morgen war Jesus wieder im Tempel. Das ganze Volk versammelte sich um ihn, und er setzte sich und begann zu lehren.
3Da kamen die Schriftgelehrten und die Pharisäer mit einer Frau, die beim Ehebruch ertappt worden war. Sie stellten sie in die Mitte, sodass jeder sie sehen konnte.
4Dann wandten sie sich an Jesus. »Meister«, sagten sie, »diese Frau ist eine Ehebrecherin; sie ist auf frischer Tat ertappt worden. 5Mose hat uns im Gesetz befohlen, solche Frauen zu steinigen. Was sagst du dazu?«
6Mit dieser Frage wollten sie Jesus eine Falle stellen, um dann Anklage gegen ihn erheben zu können. Aber Jesus beugte sich vor und schrieb mit dem Finger auf die Erde.
7Als sie jedoch darauf bestanden, auf ihre Frage eine Antwort zu bekommen, richtete er sich auf und sagte zu ihnen: »Wer von euch ohne Sünde ist, der soll den ersten Stein auf sie werfen.« 8Dann beugte er sich wieder vor und schrieb auf die Erde.
9 Von seinen Worten getroffen, verließ einer nach dem anderen den Platz; die ältesten unter ihnen gingen als Erste. Zuletzt war Jesus allein mit der Frau, die immer noch da stand, wo ihre Ankläger sie hingestellt hatten.
10 Er richtete sich auf. »Wo sind sie geblieben?«, fragte er die Frau. »Hat dich keiner verurteilt?« – 11»Nein, Herr, keiner«, antwortete sie. Da sagte Jesus: »Ich verurteile dich auch nicht; du darfst gehen. Sündige von jetzt an nicht mehr!
Liebe Gemeinde,
nach diesem spannenden Evangelium erwartet ihr jetzt einiges. Einen guten Tatort am Sonntag Morgen. Sex and Crime. Vielleicht auch überraschende Bekenntnisse von mir als Pfarrer zum Thema Sexualität und Ehe, am besten auf Youtube abrufbar für die Ewigkeit … aber da meine Frau es sehen könnte … 😊 Vielleicht auch eine saftige Geißelung des modernen Lebens, auch klerikal “Sodom und Gomorrha” genannt: Ehebruch, Scheidungen, Abtreibungen, Missbrauch, oder auch nur kirchliche Hochzeiten ohne Mitgliedsschein wie von unserem ach so konsequenten FDP-Vorsitzenden auf Sylt …
Aber da sind eure Erwartungen etwas hoch. Wer im Glaushaus sitzt … Noch mehr: ich würde das Thema verfehlen. Denn im Vers 6 steht:
6 Mit dieser Frage wollten sie (Schriftgelehrte und Pharisäer) Jesus eine Falle stellen, um dann Anklage gegen ihn erheben zu können.
Der Ehebruch und die beschämte, vermutlich spektakulär halbnackte Frau, die beim Ehebruch ertappt worden sein soll – das ist nur das erste Steinchen, der ins Rollen kommen soll. Die Lawine soll anschließend Jesus mitbegraben. Wir werden sehen, dass dieses Evangelium mit mehrfachen überraschenden doppelten Böden gestaltet ist, ganz wie ein richtiger guter Film.
Also nicht so primitiv wie die Sendung „Vorsicht Falle!“ warnt – Schutz vor Neppern, Schleppern, Bauernfängern; sondern mit Haken und Ösen. Ich hoffe, ihr könnt folgen.
2Früh am Morgen war Jesus wieder im Tempel. Das ganze Volk versammelte sich um ihn, und er setzte sich und begann zu lehren.
3Da kamen die Schriftgelehrten und die Pharisäer mit einer Frau, die beim Ehebruch ertappt worden war. Sie stellten sie in die Mitte, sodass jeder sie sehen konnte.
4Dann wandten sie sich an Jesus. »Meister«, sagten sie, »diese Frau ist eine Ehebrecherin; sie ist auf frischer Tat ertappt worden. 5Mose hat uns im Gesetz befohlen, solche Frauen zu steinigen. Was sagst du dazu?«
Jesus sitzt mit dem Volk im Tempel und lehrt. Er ist bereits berühmt und berüchtigt. Ein C-Promi. Sein Wort gilt schon etwas. Damals unterrichteten die Theologen fast ausschließlich mit Frage und Antwort. Viele trauten sich nicht zu fragen, denn mit jeder Frage kann man sich auch blamieren – wobei jeder selbst den Weisesten mit Fragen überfordern kann, getreu dem Motto: Ein Narr kann 1000 mehr Fragen stellen als ein Weiser beantworten kann.
Zurück zur Szene. Wir befinden uns im Tempel mit Jesus und vielen Menschen, die ihn befragen und zuhören. Ein großes Durcheinander von Menschen, die ein Ritual suchen, die nur beten möchten, Touristen, die die größte Baustelle der damaligen Welt sehen möchten sowie Lehrern, die gleichzeitig als Seelsorger und Richter fungieren.
Zu diesem Jesus kommt nun eine spezifische Gruppe: Pharisäer und Schriftgelehrte – Ich sehe demanch keinen Mob, der Lynchjustiz üben möchte, keine primitiv-islamische Taliban, die ihre Rückständigkeit mal wieder ausleben möchten, ich sehe keinen wütenden Ehemann, kurz vor einem Ehrenmord – sondern: Männer, die eine Frau benutzen, um Jesus eine Falle zu stellen. Sie bringen diese unbekannte Frau vor Jesus, um ihn äußerste Verlegenheit zu bringen:
»Meister«, sagten sie, »diese Frau ist eine Ehebrecherin; sie ist auf frischer Tat ertappt worden. 5Mose hat uns im Gesetz befohlen, solche Frauen zu steinigen. Was sagst du dazu?«
Was sagen wir dazu?
Im Strafgesetzbuch der Bundesrepublik konnte Ehebruch mit bis zu einem halben Jahr Gefängnis bestraft werden. Bis zur Abschaffung 1969 wurden immerhin 1600 Menschen deswegen verurteilt.
Gut – zu Jesu Zeiten sah das anders aus. Die Todesstrafe war eher theoretisch für jüdische Gerichten ausgeübt worden, weil das in vielen Jahrzehnten selten vorkam. Außerdem galt das jüdische Recht nur für “kleine” Vergehen. Die römischen Besatzer hatten sich das „ius gladii“, die Kapitalverbrechen mit Todesstrafe vorbehalten. In welche Falle sollte Jesus also gehen?
Ich denke, sie erwarteten nicht von ihm, dass Jesus den Richter spielen sollte. Sie haben nur gefragt: „Was sagst du dazu?“ Sie hätten auch fragen können: Willst du Richter sein? Denn jedes Urteil durfte damals nur gesprochen werden, wenn es Ankläger und Richter gab. Verteidiger waren erst Jahrhunderte später vorgesehen … die Richter hatten also eine hohe Verantwortung. Sie mussten auch die Verteidiger ersetzen.
Jesus wird also öffentlich nur um Rechtsberatung gebeten. Gleichzeitig steht Jesus im Ruf, ein Gesetzesbrecher zu sein. Speisegesetze, Sabbatgesetze, alle möglichen Gesetze hat er und seine Jünger schon übertreten. Weil plakativ gesagt – das Gesetz um des Menschen gemacht wurde und nicht umgekehrt.
Nochmal: Welche Falle wird ihm also gestellt? Ich denke, er sollte sich blamieren. Mit Drehungen und Wendungen sich in den komplizierten Gesetzen verfangen, bei der Befragung Zeugen und das Volk vor den Kopf stoßen und am Ende könnten die Schriftgelehrten und Pharisäer sagen: So einem Wirrkopf glaubt ihr? Der hat doch nichts drauf! Im schlimmsten Fall: ein Abtrünniger, er weicht von der Lehre ab – darauf stand übrigens erst recht die Todesstrafe!
Ihr wisst ja längst wie die Geschichte ausgeht.
Sehen wir genauer hin. Was sagt Jesus?
Erst einmal lange nichts. –
Nichts sagen ist auch etwas sagen, lehrt uns der Kommunikationstheoretiker Paul Watzlawick. Die gespannte Stille. Nicht immer gleich antworten, würde ich mir hinter die Ohren schreiben, der ich die Unart habe, oft Menschen zu unterbrechen, wenn ich glaube, dass ich weiß, was sie sagen wollen. Erst einmal sacken lassen. Stille in so einem aufgeheizten Atmosphäre kühlt auch ab. Immer mehr Menschen kommen und fragen sich, was da los ist. Schon weil da wahrscheinlich eine attraktive halbnackte Frau im Tempel zu sehen ist.
Vielleicht deshalb sieht Jesus nicht hin. Er möchte sie nicht beschämen, nicht ausziehen mit seinen Blicken, es reicht, was er hört. Die Justizia hat ja bekanntlich die Augen verbunden. Nicht weil sie blind ist, wie manche behaupten, sondern weil sie sich von dem äußeren Anschein nicht blenden lassen soll. Das Wort ist entscheidend, in jedem Gerichtsprozess gilt bis heute nur das gesprochene, nicht das geschriebene – besser nur das gehörte Wort. Deshalb dauern Gerichtsprozesse so lange, weil hunderte von Seiten öffentlich verlesen werden müssen.
Jesus schweigt. Und schreibt. Das einzige Mal, das wir hören, das Jesus schreibt! Wie Sokrates hat er kein einzigen geschriebenen Text hinterlassen, sondern nur im Hören und Reden gelebt, in Fragen und Antworten und Zeichenhandlungen… So ein Zeichen ist jetzt sein Schreiben.
Denn ich glaube Jesus mimt das Schreiben. Mimen heißt, er ahmt es bedeutungsvoll nach. Schriftgelehrte und Pharisäer sind da, die jedes Wort auswendig kennen.
Aber er ist vertieft wie einer, der nur schreiben will. Der nichts entscheiden muss, nur treu ist. Der schreibt sein Leben lang. Einfach die Tora abschreibt. Wie die tausenden von Mönchen, die tausende von Abschriften angefertigt haben.
Erst als es nicht mehr anders geht, richtet er sich auf, reckt sich und wagt einen Satz, der die ganze Tora zusammenfasst. Verifiziert vom jahrelangen Lesen der heiligen Worte, Murmeln und Schreiben. Redet als einfacher Schreiber, nicht wie ein Schriftgelehrter, seine Worte geben wieder, was er gelesen und verstanden hat, das ist seine einzige Vollmacht. Er spricht und interessiert sich nicht für die Folgen. Beugt sich wieder über die Worte, die ihm vorgesprochen werden und die seine Hand aufschreibt, bis seine Augen sie erfassen, die leuchtende Schrift sein Inneres erhellt und er versteht.
Diesen einen Satz “Wer ohne Sünde ist…”
Das genügt, er kann wieder weiterschreiben, er ist nicht verantwortlich für das, was geschehen wird. Die Ältesten gehen als erstes, einer nach dem anderen verschwindet. Nur sie weiß nicht, wohin. Bis er endlich auftaucht, aufrichtet und sich zu erkennen gibt. Das Spiel ist zu Ende.
So weit so einfach. Aber ich habe euch ja interessante Wendungen versprochen.
Nun ist Zeit zu bekennen, dass vielleicht manche von euch, die immer treu in ihren alten Bibel mitlesen, den Bibeln, in denen sie viele Anmerkungen, Lebensereignisse geschrieben haben – es könnte passieren, dass nun jemand diese seine eigene Bibel hochhebt und empört ruft: Herr Pfarrer Hanstein, diese Geschichte ist in meiner Bibel gar nicht drin!
Andere sagen: Und bei mir nur mit eckigen Klammern und der Anmerkung: diese Perikope ist in den ältesten Handschriften nicht zu finden und ist erst später eingefügt worden.
Vollkommen richtig. Ich lege heute mit hoher Wahrscheinlichkeit den jüngsten Text der Bibel aus. Geschrieben Jahrhunderte nach den anderen neutestamentlichen Texten. Auch innerliche Gründe sprechen dafür: Bei Johannes hätte Jesus sonst gewiss eine lange Rede gehalten.
Seltsam ist, Jesus schreibt in den Sand. Wie als würden die späten Verfasser uns darauf hinweisen, dass nicht der bleibt, der schreibt, sondern der, über den geschrieben wird …
Anmerkung: in diesem Tempel gibt es keine Steine, die geworfen werden könnten. Und es gibt auch keinen Sand. Vielleicht etwas Staub, aber da wird gleich ein Beflissener kommen und fegen, damit das Heiligtum blitzblank ist.
Nein, wir glauben nicht an die Schrift, wir glauben nicht an die historische Methode, dass das Älteste das Richtigste ist, so wichtig es ist, zu kennen, wie sich etwas zugetragen und entwickelt hat. Sonst müssten wir ja steinzeitliche Gesetze ausführen oder eben die 10 Gebote, die ein Nomadenstamm von 4000 Jahren entwickelt hat. Wir müssten Menschen töten, wegen absurdester abergläubischer Vergehen, die wir heute dann doch lieber psychiatrisch behandeln lassen.
Die Schriftgelehrten und die Pharisäer haben auch nicht nachgefragt: Wo steht das geschrieben? Sondern sie haben begriffen, dass Jesus die Barmherzigkeit und die Gerechtigkeit Gottes in diesen Worten perfekt zusammengefasst hat wie in dem Doppelgebot der Liebe, das ihnen bekannt war.
Die Ältesten gingen zuerst weg. Die „Presbyteroi“ auf griechisch. Die Gemeindeältesten mit Anspielung auf den Kirchenvorstand, aber auch die Ältesten, die so viel Lebenserfahrung hatten, dass sie wussten, was für Sünden sie begangen hatten, die ihnen jede Autorität zu richten nehmen würde.
Jesus fordert sie auf: Wer ohne Sünde ist, werfe den ersten Stein.
Ein gewagtes Spiel. Er weiß, dass der erste Stein die anderen nach sich ziehen würde. Der erste Stein ist der schwerste.
Er kennt das Mobbing, er kennt die Zusammenrottungen von selbstgerechtesten Menschen im Internet und auf Facebook, die am liebsten vernichten, spalten und ungestraft mit Steinen werfen, oft ohne ihr absurdes Tun zu bemerken.
VORSICHT FALLE!
Jesus rettet. Er wirft mit einem Satz ein Netz aus wie der liebende Ehemann in Werner Bergengruens Geschichte von einer Ehebrecherin. Er rettet vielleicht ein Familie. Einen Ehemann, der gar nicht befragt wurde, Kinder, die auf ihre Mutter warten und weinen. Er rettet die Würde einer Frau, deren Leben ein paar skrupellose Meinungs-Macher gefährden, nur um Jesus eine Falle zu stellen.
Jesus entgeht den Netzen der Verfolger, den Fallstricken, den üblen Nachreden und den Scherbengerichten. Er, der selbst richten könnte – nicht nur über diese arme Frau, sondern über einen jeden, der da ihn fragt: Was sagst du dazu. Auch über jeden von uns, die schon wieder die Steine in der Hand haben und mal wieder einen Shitstorm auslösen wollen. Oder aus politischen und scheinbar religiösen Machtgründen wieder Frauen Rechte und Würde nehmen wollen. Wenn Vergewaltigungen und Missbrauch auf dem Rücken von Frauen und Mädchen ungestraft bleiben und sie sogar mit den Konsequenzen leben sollen. Seht die Waisenhäuser in Rumänien an und dann wisst ihr wohin das alles führt. Aber das wäre noch eine ganz andere Predigt.
“Wer ohne Sünde ist werfe den ersten Stein.” Wenn du den Stein schon in der Hand hast – baue mit anderen ein Haus oder lege ihn auf ein Grab eines Menschen, den du verehrst, wie die Juden es tun. Gut, dass es nicht wirklich ein Grab Jesu gibt, sonst gäbe es dort nicht nur die gigantische Grabeskirche, sondern einen Steinberg, der bis zum Himmel reicht. Jesus lebt – durch diesen einen Satz.
Wer ohne Sünde ist werfe den ersten Stein.
Ein toller Satz. Jesus hat alles gesagt, was wir wissen müssen, jetzt müssen wir es nur noch tun. Richtet nicht, auf dass ihr nicht gerichtet werdet.
(Artikel in unserem Gemeindebrief BLICK, April/Mai 2022)
Die Corona-Pandemie hat die neue Landesstellenplanung 2020 der bayerischen evangelischen Landeskirche zwar etwas verzögert – aber nicht grundsätzlich ausgebremst. Bei dieser Planung geht es vor allem darum, wie theologische, pädagogische und kirchenmusikalische Stellen in ganz Bayern verteilt werden. Weil die Mitgliederzahl stetig zurückgeht, wird im Rahmen der Personalplanung ungefähr 10% der bisherigen Stellen abgebaut. Der Rückgang der Mitgliederzahlen und der Abbau der Stellen verläuft ungefähr parallel, daher sollte sich an dem Verhältnis von GemeindepfarrerInnen zu Gemeindemitgliedern mit durchschnittlich 1:1600 nichts ändern.
Klarheit und Freiheit
Die Dekanate entscheiden diesmal selbst, wie sie mit dem von der Landessynode beschlossenen Stellenkontingent umgehen. Der Dekanatsausschuss (DA) Hersbruck hat nach intensiver Vorarbeit seinen zweiten Entwurf am 26. Februar in der Dekanatssynode vorgestellt. Dieser weicht von dem landeskirchlichen Entwurf etwas ab:
Zugunsten übergemeindlicher Dienste vor allem in der Jugendarbeit, aber auch der Erwachsenenbildung kürzt er sogar 20% der Gemeinde-Stellen.
Das Dekanat wurde auf acht Regionen aufgeteilt, die kooperieren bzw. sich zu Pfarreien zusammenschließen werden. Unsere Kirchengemeinde Lauf ist wegen seiner Größe eine eigene Region– daher es gibt keine Gebietsveränderungen.
Kürzung von 5 auf 4 Stellen
Im Jahr 2010 hatte unsere Kirchengemeinde Lauf und Dehnberg 9.118 Mitglieder. 11 Jahre später sind es nun 7.955 – ein Rückgang von 12,75%. Der Rückgang der evangelischen Mitglieder im traditionell mehrheitlich evangelischen Lauf hat drei Gründe:
1. Demographische Entwicklung: Mehr verstorbene Mitglieder als Geborene bzw. Getaufte.
2. Gesellschaft: Mehr Austritte als Eintritte in der Evangelischen Kirche. Die Gründe dafür werden am meisten in der Öffentlichkeit diskutiert. Andererseits haben wir immer mehr Engagierte in den Kirchengemeinden, was sich an der Zahl der Ehrenamtlichen ablesen lässt. Wir sind unterwegs von einer Volkskirche zu einer Mitgliederkirche.
3. Fluktuation: Die evangelischen Bürger waren in Lauf über Jahrhunderte eine starke Mehrheit, seit dem 2. Weltkrieg zogen tendenziell mehr Evangelische aus Lauf weg als zu.
2010 wurden unserer Kirchengemeinde vier Vollzeit-Pfarrstellen und eine DiakonInnenstelle zugewiesen. Nach dem vorliegenden Beschluss des Dekanatsausschusses verlieren wir bis 2024 eine halbe Pfarrstelle. Außerdem wird eine halbe Stelle unserer Diakonin zur Dekanatsjugend verlagert. Lauf verliert damit sogar 20% ihrer Stellen.
Dies liegt im Plan des DA. Das Verhältnis Stellen zu Kirchenmitgliedern erhöht sich in Lauf wieder auf ca. 1:2000 und liegt damit höher als veranschlagt. Daher legte der Kirchenvorstand Lauf mit seinen Dekanatsausschussmitgliedern Joachim Wartha und Jan-Peter Hanstein Widerspruch ein. Sie wurden aber mit 3:12 überstimmt. Begründung des DA: Lauf arbeite bereits im Hauptamtlichen-Team bewährt zusammen und müsse keine mühsamen Fusionen wie andere Gemeinden bewältigen. Dem DA gilt Lauf anscheinend als Vorbild für andere Regionen im Dekanat. Zum Beispiel wird in Hersbruck Altensittenbach mit der Pfarrei Stadtkirche und Johanniskirche zusammengehen. [siehe Grafik].
Trotzdem empfindet der Kirchenvorstand die Kürzung als ungerecht, weil in diesem Entwurf nicht gewürdigt wird, dass die Kirchengemeinde Lauf auch viele überregionale Aufgaben in Bereichen der Diakonie, Familienbildung und Sozialarbeit übernommen hat.
Positiv ist, dass unsere KantorInnenstelle um 0,25% aus dem Dekanatsstellenanteil auf 0,75% angehoben wird und damit als Vollzeitstelle gesichert bleibt. Wie bisher finanziert die Kirchengemeinde Lauf die 0,25% der KantorInnenstelle zusammen mit der Kirchengemeinde Hersbruck selbst. Auch der Dienstsitz von Diakonin Tina Höpfner bleibt in Lauf. Durch die Zusammenarbeit mit der Dekanatsjugend erhoffen wir uns durchaus Synergien.
Schmerzhaft ungeklärt bleibt die Stelle der Krankenhausseelsorge, gerade im Krankenhaus Lauf. Der DA erhofft sich noch eine Drittfinanzierungen für die Bezirksklinik Engelthal oder Trägern wie der Lebenshilfe. Ehrenamtliche Besuchsdienste könnten von Pfarrern oder Honorarkräften betreut werden. Eine Seelsorgestiftung im Dekanat soll angeregt werden.
Transformation statt Reformation
Schmerzhafte Veränderungen stehen an: Mitte des nächsten Jahres 2023 wird sich der Kirchenvorstand Lauf mit den Hauptamtlichen zusammen auf den Weg machen, die Arbeit der Kirchengemeinde entsprechend den Ressourcen anzupassen. Wie die Kürzung einer halben Pfarrstelle dienstrechtlich umgesetzt wird, lässt sich noch nicht abschließend sagen. Es gibt verschiedene Möglichkeiten. Die verbliebenen 3,5 Stellen in Lauf sind so zu beschreiben, dass sie zukünftig sowohl für PfarrerInnen attraktiv bleiben als auch effektiv Gemeindearbeit ermöglichen. Manches Gewohnte wird wegfallen, neue Ideen werden sich durchsetzen. Diese Anpassung erfolgt eher in einer langsamen Transformation als durch eine plötzliche Reformation.
Blick in Zukunft – kein Grund zur Panik
Mein persönliches Fazit: Im Vergleich zu anderen Konfessionen und Landeskirchen erfolgen die Stellenkürzungen auch im Blick auf verfügbares Personal mit Augenmaß. Lauf kann sich nicht von der demografischen Entwicklung ihrer Mitglieder und dem weniger werdenden Nachwuchs abkoppeln. Auch in zukünftigen Jahrzehnten wird Lauf eine handlungsfähige Kirchengemeinde mit vielen tausend Mitgliedern bleiben. Sie werden dann Mitglieder sein, die sich bewusst für Kirche entschieden haben, mit motivierten Ehrenamtlichen und Hauptamtlichen, vernetzt in den Stadtteilen mit Spielräumen in modern ausgestattetet Gebäuden und Kirchen. Ich bleibe zuversichtlich mit dem Blick auf Gottes Wirken:
Dennoch soll die Stadt Gottes sich erfreuen an ihren Brünnlein, da die heiligen Wohnungen des Höchsten sind. Gott ist bei ihr drinnen, darum wird sie fest bleiben; Gott hilft ihr früh am Morgen. Psalm 46,5+6
Jan-Peter Hanstein, 1. Pfarrer und Vorsitzender des Kirchenvorstands
Die evangelische Kirchengemeinde Lauf lud ihre ehrenamtlichen und hauptamtlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu einem Jahresempfang ein und dankte ihnen für ihr Engagement.
Der Empfang fand am 2. Juni 2022 in der Christuskirche statt. Rund 220 ehren- und hauptamtliche Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter aus verschiedensten Arbeitsgebieten waren gekommen. 41 MitarbeiterInnen, die ihren Dienst bereits seit 10, 25, 40 und 50 Jahren in verschiedenen Einsatzbereichen verrichten, wurden für ihr langjähriges persönliches Engagement geehrt.
Nach pandemiebedingter Pause konnte die Laufer Kirchengemeinde nach drei Jahren wieder zu dieser Veranstaltung einladen. Pfarrerin Lisa Nikol-Eryazici brachte in ihrer Begrüßungsansprache ihre Freude darüber zum Ausdruck.
Pfarrer Jan-Peter Hanstein ließ in seiner Rede diese drei Jahre Revue passieren. Anhand einer Bilderpräsentation berichtete er über das kirchliche Leben in dieser überwiegend von Corona geprägten Zeit.
Er hob hervor, dass es mit tatkräftiger Hilfe von jungen technik- und medienbegeisterten Ehrenamtlichen schnell gelungen sei, neue Ideen und Formen zu entwickeln, um den Glauben auch ohne Ansteckungsgefahr leben zu können. So konnten zum Beispiel bisher 234 Livestream-Gottesdienste der Laufer Kirchengemeinde auf dem Kanal C1 auf Youtube von zu Hause aus abgerufen werden. 30.000 Stunden wurde dieser Kanal angeschaut. 42 Videos wurden hochgeladen und sogar digitale Abendmahle und die virtuelle Ausstellung „Was bleibt“ mit interessanten Vorträgen konnten stattfinden. Pfarrer Hanstein erinnerte auch an Jubiläen, wie das 40jährige der Basarfrauen und 25 Jahre Stadtstreicher Lauf. Auch seien mit Unterstützung vieler Spender und Ehrenamtlicher wichtige Projekte umgesetzt worden. So das Projekt „TRAPEZA“, das ukrainische Flüchtlinge mit Lebensmitteln versorgt, die Renovierung der Kirche in Günthersbühl und die Aktivitäten zum 50jährigen Bestehen der Christuskirche.
Den Höhepunkt des Abends bildete die Würdigung der Arbeit der seit vielen Jahren engagierten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter durch die beiden Mitglieder des Ehrenamtsbeirates Ruth Kolb und Holger Wielsch. Beide bedankten sich auch im Namen des Kirchenvorstandes für die wichtige und unverzichtbare Arbeit, die unentgeltlich in vielerlei Bereichen geleistet wird. Sei es bei der Betreuung und Unterstützung der verschiedenen Gruppen und Kreise, der Mitwirkung in den Chor- und Instrumentalgruppen oder der Arbeit mit Kindern und Jugendlichen, um nur einige Beispiele zu nennen. Insgesamt arbeiten mehr als 500 Mitglieder in der evangelischen Kirchengemeinde Lauf ehrenamtlich. Mit dem gemeinsam gesungenen Lied des Liedermachers Manfred Siebald „Gut, dass wir einander haben …“ wurde die Bedeutung des ehrenamtlichen Engagements für den Zusammenhalt in Kirche und Gesellschaft gewürdigt.
Blick auf Buffett und GästeJubilare 10-jährige MitarbeitJubilare 25-jährige Mitarbeit40 Jahre Mitarbeit Antje Sennhenn40 Jahre Mitarbeit Heiner Sommermann, Monika Müller und Veronika Zlamal40 Jahre Mitarbeit Henrike Wällisch50 Jahre Mitarbeit von Peter Danner
Den Abschluss des Jahresempfangs, der vom Posaunenchor „JohannisBrass“ umrahmt wurde, gestaltete Pfarrer Thomas Hofmann mit Gebet und Segen.
Das schöne Wetter an diesem Vorsommerabend ermöglichte es, den Empfang mit guten Gesprächen am Platz vor der Christuskirche ausklingen zu lassen.
Zum Redaktionsschluss am 3.7.2022 läuft das Projekt Trapeza in Winnyzja seit dem 1.3.2022 nun 124 Tage. Viele Ehrenamtliche aus der lutherischen Kirchengemeinde Winnyzja arbeiten unter der Leitung von Pfarrerin Larissa Kostenko mit. Die ganze Kirchengemeinde hat neue Impulse erhalten und koordiniert Dank unserer Unterstützung auch Hilfsmaßnahmen in einer Schule, die mit Flüchtlingsfamilien belegt ist.
Projekt Trapeza hat bis jetzt 11.500 warme Essen ausgegeben. Das sind durchschnittlich 93 Essen am Tag für je 1,83€.
Trapeza
Bis zu maximal 5000€ haben uns Privatpersonen aus ganz Bayern und darüber hinaus gespendet.
Größte institutionelle Unterstützer waren: Dr. Bernhard Leniger Schule Schönberg (Lebenshilfe Nürnberger Land), Max-Brose Stiftung Coburg, Intex Informations-Systeme GmbH, Diakonie Katastrophenhilfe Bayern, Evang. Luth. Kirchengemeinden Rödelsee-Fröhstockheim, Wiesenfeld, Kirchensittenbach, Obernbreit, Dekanat Kitzingen und natürlich Mitglieder der evangelischen Kirchengemeinde Lauf. Beim Ökumenischen Altstadtfestgottesdienst wurden 965€ gegeben.
21.000€ haben wir bereits überwiesen, Stand jetzt wurden über 42.000€ gespendet! Das Projekt ist für die nächsten Monate gesichert, aber wir brauchen ca. 5400€ pro Monat. Auch nach einem Waffenstillstand oder Frieden, für den wir beten, werden viele Menschen nicht wissen wohin. Herzlichen Dank daher an alle, die begonnen haben, größere und kleinere Beträge regelmäßig zu spenden! Das geht sehr einfach über unser Spendenportal auf der Homepage lauf-evangelisch.de
Auf einer schroff emporragenden Insel des Mittelmeeres galt vormals ein Recht, dass jede des Ehebruchs überführte Frau vom Schwarzen Felsen zu Tode gestürzt wurde; unabhängig davon, ob der Gatte die Bestrafung verlangte oder aber zu einer Aussöhnung bereit war, – denn es wurde hier ein Vergehen nicht so sehr gegen den Gatten erblickt als vielmehr gegen die Gesetzlichkeit und Ordnung der Ehe. Und es war auch bestimmt, dass derartige Urteile in Tagesfrist vollstreckt werden sollten.
Die Ortschaft, an die wir denken, lag auf der Höhe und war vom Strande her auf einem gewundenen und dennoch steilen Wege in mühsamem, nicht ganz wenig Zeit erfordernden Anstiege zu erreichen; der Schwarze Felsen fiel unweit der Kirche fast senkrecht zu den Strandklippen ab. Dort unten gab es spitze Zacken, Höhlen und vom Meerwasser erfüllte Grotten. Der Fuß des Felsens galt als kaum zugänglich. Der Hafen lag weiter ab; er war unbedeutend und wenig belebt. In seiner Nähe lagerten verstreut ein paar Fischerhütten. Ihrer eine stand im Eigentum eines Mannes, der sich jetzt seines Gewerbes wegen für eine Reihe von Tagen entfernt hatte, denn im Gegensatz zu seinen Nachbarn trieb er den Fischfang nicht nur in der Nähe der Küste, sondern auch auf der hohen See.
An der Frau dieses Mannes sollte ein Urteil der geschilderten Art vollstreckt werden. In seiner Abwesenheit nämlich war ein Schiff mittlerer Größe, das einer kleinen, an Bord jedoch nicht vornehmbaren Ausbesserung bedurfte, im Hafen vor Anker gegangen. Das Schiff lief wieder in See, und nun wurde gegen die Frau des Fischers, die um ein Erhebliches jünger war als ihr Mann, von Nachbarinnen und Nachbarn die Anzeige eingegeben. Die Beweise waren schlüssig, die Frau leugnete nicht lange. Sie schien verstört. Nach dem Steuermann gefragt, wusste sie nur mit halblauter Stimme zu antworten: „Er hat mich umgarnt. Wie in einem Netz hat er mich gefangen.“
Man teilte ihr mit, dass sie morgen nach dem Frühläuten der Urteilsvollziehung gewärtig zu sein habe, führte sie wieder in das oben, zwischen der Kirche und jenem Felsabsturz gelegene Turmgefängnis und schickte den Ortspriester zu ihr, der sie getauft und auch ihre Ehe eingesegnet hatte.
Inzwischen war der Gatte dieser Frau heimgekehrt. Er wach ein hoch gewachsener Mensch von ungewöhnlicher Leibesstärke und Gewandtheit, aber ernst, schweigsam und über jugendliche Jahre hinaus. Die Leute am Hafen empfingen ihn mit Befangenheit und Bedauern, einige mochten nicht sprechen, doch hatte er in kurzem erfahren, was geschehen war und zu geschehen sich anschickte. Er wandte sich ab und ging zu seiner Behausung. Die Nachricht von seiner Rückkehr verbreitete sich auch im oberen Ortsteil. Die Einwohner nahmen an, er werde hinaufkommen, um seine Frau zu sehen, und auch nächsten Morgens werde er zugegen sein.
Seine Rückkehr war auch dem Priester bekannt geworden. Er teilte sie der Frau mit, nachdem sie die Sakramente empfangen hatte. Sie antwortete, sie habe nur noch den einen Wunsch, seine Vergebung zu erlangen, bevor sie stürbe.
„Ich denke, da Gott dir vergeben hat, wird es dir auch an seiner Vergebung nicht fehlen“, sagte der Priester.
Es war Sommer und lange vor Frühläuten bereits taghell. Die Gefangene wurde an den Ort der Vollstreckung geführt, an dem sich viele Männer und Frauen eingefunden hatten. Auch Menschen von unten, aus der Hafengegend, waren gekommen. Die Kirchenglocke läutete, dünn und schrill, wie es ihre ärmliche Art war.
Die junge Frau sah bleich aus, und die Blässe ihres schmalen Gesichts trat neben dem schönen schwarzen Haar und den schönen schwarzen Augen noch merklicher hervor. Sie ging in aufrechter Haltung. Die Hände waren ihr über dem Rücken zusammengebunden. Sie sah sich unruhig um; es war offenbar, dass ihre Blicke ihren Mann suchten. Sie sprach halblaut mit dem neben ihr gehenden Priester. Dieser sah sich ebenfalls um, machte dann eine Gebärde der Verneinung und schien ihr darauf ein paar zuredende Worte zu geben.
Die Frau stand jetzt nahe dem Abhang, der viele hundert Fuß hinunterreichte, vor dem Ortsrichter, welcher zugleich der Gemeindeälteste war. Dieser schickte sich schon an, das Urteil noch einmal zu verkündigen, aber da ergriff der Priester das Wort und bat namens der Frau um einen Aufschub; sie habe den Wunsch, von ihrem Manne Abschied zu nehmen, und es sei wohl darauf zu rechnen, dass er in kurzem zur Stelle sein werde. Der Richter beriet sich mit einigen Männern.
Obwohl diese ungeduldig waren, denn der eine wollte in seinen Weinberg, der andere zu seinen Fischernetzen, ein dritter in seine Werkstatt, wurde der Verurteilten eine Frist zugestanden. Und zwar wurde gesagt, man wolle so lange warten, bis die vorrückende Sonne den unten gelegenen Küstenstreifen erreicht habe, und sei bis dahin ihr Mann noch nicht gekommen, indessen auf dem oberen Wegstück hinter der letzten Kehre bereits sichtbar geworden, so wolle man abermals warten, bis er den Vollstreckungsort erreicht habe. Im anderen Falle sei ihre Zeit abgelaufen.
Die Frau nickte zum Zeichen ihrer Dankbarkeit.
Während des Wartens sprachen die Leute raunend von dem Fischer und dass er weder am Abend ins Gefängnis noch jetzt hierhergekommen war. Manche wunderten sich darüber, einige in ihrer Hartherzigkeit hießen es gut, wieder andere fanden es unbillig, dass er seinen freilich rechtmäßigen Zorn so weit treibe, ihr nicht zu vergeben, und sich angesichts ihres Todes nicht mit ihr auszusöhnen wünschte. Einer der aus der Hafengegend Hinaufgestiegenen wollte den Fischer tags zuvor gesehen haben, wie er von unten her an der Wand des Schwarzen Felsens umher geklommen und erst beim Dunkelwerden in seine Hütte zurückgekehrt sei. Da nun dies Felsgelände für so gefährlich galt, dass anders als in selbstmörderischer Absicht niemand dort umher steigen werde, so wurde unter den Anwesenden die Vermutung geäußert und aufgenommen, der Fischer habe in seiner Verzweiflung sich zu Tode stürzen wollen, müsse aber dann zu der Meinung gelangt sein, ein ehebrecherisches Frauenzimmer sei es nicht wert, dass ein Mann seiner Art sich ihrethalb das Leben abspreche.
Die Frau sagte kein Wort mehr, auch zu dem Priester nicht. Sie blicke abwechselnd hinunter zum Strande und auf den staubweißen Weg, der zwischen den Weinbergsmauern heranführte.
Der Strand lag jetzt im Licht. Der Gemeindeälteste winkte. Die Frau wurde ihrer Fesseln entledigt, wie es Sitte war, gleich als hielte man es für einen Mangel an Achtung vor dem Tode, einen Menschen gebunden vor sein Angesicht treten zu lassen. Von dieser Sitte wich man nicht ab, obwohl es vorgekommen war, dass Missetäterinnen sich aus allen Kräften an den Richter oder an dem zum Henker bestimmten Mann zu klammern gesucht und gewaltsam hatten abgewehrt werden müssen. Diese Frau aber tat nichts solcher Art.
Sie stand jetzt hart am Abhang. Der Richter wiederholte die Worte des Urteilsspruches und zerbrach ein weißes, sorgsam geschältes Stäbchen, während ihr der Priester sein Kruzifix zum Kusse hinhielt. Sie wandte den Blick noch einmal dem Wege zu, auf dem nichts zu sehen war als ein halbwüchsiger Bursche mit einem beladenen Esel.
Es wurde jetzt so still, dass man unten zwischen den grottenreichen Klippen die See seufzen und donnern hörte. Dann erhielt die Frau den Stoß.
Alle sahen ihr nach, doch war sie ihnen so geschwind entglitten, wie eine im Augenblick des Erwachens zergehende Traumgestalt. Man spähte hinab, aber die Gegend da unten am Fuße des Schwarzen Felsens lag noch in Dunst und Schattenbereich, und sie erschien dem Blick umso schwerer durchdringlich, als der angrenzende Küstenstreifen schon von augenblendendem Sonnenlicht erfasst worden war. See, Boote und Häuser blitzten. Alles schien winzig.
In den späten Vormittagsstunden verbreitete sich im oberen Ortsteil die Neuigkeit, man habe den Fischer und seine Ehefrau gesehen; sie befänden sich in ihrer Behausung. Dieses Gerücht, dem zu glauben man sich einstweilen weigerte, verursachte viel Erregung. Der Gemeindeälteste ordnete vier Männer ab; sie sollten die Nachricht durch den Augenschein prüfen und, wenn sie sich bewahrheitete, die beiden gefänglich einliefern. Denn nun erinnerte man sich daran, dass der Fischer ja tags zuvor an der Felswand umherklimmend gesehen worden war, und konnte nichts anders vermuten, als dass er, um die Frau ihrer Strafe zu entziehen, irgendwelche unstatthafte Vorkehrungen ersonnen und getroffen hatte, wiewohl dies wiederum nicht recht glaubhaft erscheinen wollte.
Die Hinuntergeschickten fanden das Ehepaar, als sei wenig geschehen, in seiner Hütte. Der Mann schlief, die Frau stand am Herde. Sie hinkte ein wenig und trug an Armen und Gesicht Spuren blutiger Abschürfungen, sonst aber schien sie wohlbehalten. „Lasst mich zu Ende kochen und lasst meinen Mann essen, bevor ihr uns davonführt“, bat sie. Dies wurde ihr zugestanden.
Danach wurden sie vor den Richter gebracht. In seiner wortkargen Art beantwortete der Fischer die Fragen, die an ihn gestellt wurden. Der Richter beriet sich mit seinen Beisitzern, zu denen auch der Priester zählte. Man war zornig auf den Fischer und doch voller Bewunderung. Es hieß, er müsse auf eine angemessene Weise bestraft, an der Frau aber die gehinderte Urteilsvollstreckung nachgeholt werden. Doch gab es auch Andersmeinende, und zu ihnen gehörte der Priester, dessen Worte gänzlich in den Wind zu schlagen man sich scheute.
Da nun eine Einigung nicht zustande kommen wollte, so verfiel man darauf, zur Markgräfin zu schicken, die das Kastell ihres verstorbenen Mannes in der Mitte der Insel bewohnte und bei den Leuten an der Küste, obwohl nicht eigentlich als Herren des Landes anerkannt, doch so hoch in Geltung stand, dass sie sich in manchen Angelegenheiten an sie wandten und ihren Rat oder ihr Urteil erbaten. Einige freilich warnten, – nicht weil sie von der Markgräfin geringer dachten als die übrigen, sondern weil sie befürchteten, es möge sich hieraus eine Gewohnheit entwickeln, die endlich zum Gesetz würde, so dass mit der Zeit ihre Ortschaft unter die richterliche Oberhoheit und zuletzt gar erbliche Botmäßigkeit der Markgrafschaft gelangen könne.
Die entgegenstehenden Gedanken aber gewannen die Oberhand, und so wurde ein Bote zu der Markgräfin abgeschickt. Sie ließ sagen, sie werde anderen Tages kommen.
Fast alle Einwohner des oberen und des unteren Ortes waren an der Stelle versammelt, an der die Verurteilte ihre Strafe hatte erleiden sollen; denn hier wollte die Markgräfin Recht sprechen. Die Frau stand dort, wo sie tags zuvor gestanden hatte, und der Mann stand an ihrer Seite. Beide waren gefesselt.
Die Markgräfin kam mit einigen Frauen, Gefolgsleuten und Dienern. Ihr hellgrüner Mantel stand gut zur grünen goldbestickten Schabracke ihres Pferdes; gleichwie ihr weißes Haar zur Weiße des Pferdeleibes. Sie trug weder Schleier noch Hut, und ihr Haar wurde von einem goldenen, in der Sonne blitzenden Netz zusammengehalten. Man hatte ihr einen Sessel hingestellt, ein wurmstichiges Stück mit abgesplitterter Vergoldung, immerhin das ansehnlichste, das sich hatte auftreiben lassen, denn dieser Sessel gehörte der Kirche und diente dem Bischof, wenn er, was nur alle paar Jahre geschah, vom festen Lande herüberkam, um zu firmen.
Jacob Samuel Beck (1715-1778): Porträt der Ernestine Albertine Gräfin von Schaumburg-Lippe, geb. Prinzessin von Sachsen-Weimar im Jagdgewand, um 1755,
Die Markgräfin stieg vom Pferde, trag an den Felsenhang und blickte lange in den Abgrund hinunter, indem sie sich die Örtlichkeit genau erklären ließ, erst vom Gemeindeältesten und seinen Besitzern, dann von dem Fischer. Hierauf kehrte sie, den Sessel verschmähend, in den Sattel zurück und blieb dort, als wolle sie damit deutlich machen, dass sie nicht allzu langer Zeit bedürfen werde, um den Rechtshandel zu schlichten.
Mit ihren hellen Augen betrachtete sie nun eine Weile die Gesichter der beiden Gefesselten. Dann forderte sie den Fischer auf, zu erzählen. Er tat es ohne Scheu und, seine Natur überwindend, nun auch ohne jenen Wortgeiz, der zu seinen Eigentümlichkeiten gehörte.
Es sei ihm leid gewesen, so sagte er, dass er nicht zu seiner Frau habe kommen können, denn er hätte ihr gern mitgeteilt, was er zu ihrer Errettung vorhatte; aber die Zeit habe ausgekauft werden müssen. Erst musste er die Helligkeit nutzen, um das Gelände zu erforschen und auszumitteln, welche die gefährlichsten Stellen waren, aber auch, wo sich an den Zacken und Klippenvorsprüngen etwas befestigen ließ. Bis zum Einbruch der Dunkelheit sei er mit seinen Herrichtungen beschäftigt gewesen, und gleich beim Tagesgrauen habe er sie wieder aufnehmen müssen. In der Nacht habe er draußen nichts tun können, denn nicht nur, dass es bei Fackellicht ein unsicheres Arbeiten gewesen wäre, sondern man hätte ihn auch wahrnehmen und sein Vorhaben erraten können. „Und die hier oben, die meiner Frau nach dem Leben standen und von ihrer Absicht auch jetzt noch nicht lassen wollen, die hätten alsdann wohl eine andere Todesart für sie ausgesonnen, und der hätte ich nicht abzuhelfen gewusst. In der Nacht aber war ich damit beschäftigt, Netze zu flicken und zu verstärken, Seile zu verknüpfen und Säcke und Bettzeug mit Heu und Stroh und Moos zu stopfen und neue Säcke von Segelleinwand anzufertigen. Und in der Morgendämmerung bin ich wieder hinausgestiegen und habe die Netze gespannt, und die Seile befestigt, an denen sie sich hernach vollends hinablassen sollte. Und über dem grauen Gestein ist von oben her nichts von Netzen und Seilen wahrzunehmen gewesen.“
Die Markgräfin stellte noch ein paar Fragen, in denen sich ihr Erstaunen darüber ausdrückte, dass er nicht nur den Mut, sondern auch die Fähigkeit gehabt hatte, bis zu jenen Felsenvorsprüngen hinanzuklimmen und noch die schwere Last an Netzwerk, Seilen und Säcken hinaufzubringen. Dann befahl sie, ihn seiner Fesseln zu entledigen, denn sie habe nicht gern mit Gebundenen zu schaffen, er aber scheine nichts getan zu haben, als was seinen ehelichen und christlichen Pflichten angemessen gewesen sei; diese aber hätte für ihn den Vorrang haben müssen vor jenen, welche die örtlichen Gesetzesbräuche ihn auferlegten; die einen nämlich seien von Gott, die anderen von Menschen gegeben.
Man tat nach ihrem Geheiß, und nun wandte die Markgräfin sich dem Gemeindeältesten und Richter zu und sagte, als einem natürlichen Menschen habe dem Fischer auch das Bewusstsein von einer Rechtswidrigkeit seiner Handlung gefehlt, denn sonst wäre er nach geschehener Rettungstat mitsamt seiner Frau entflohen. Der Richter nickte, wiewohl zögernd, zum Zeichen seines Einverständnisses.
Die Markgräfin fragte, wie das Urteil gelautet habe. Der Richter antwortete: „Es lautete so: diese Frau soll den Schwarzen Felsen hinabgestürzt werden.“ „Ist dies der Wortlaut gewesen?“ fragte die Markgräfin nun auch die anderen Männer. Alle bejahten.
„Es hieß also nicht, die Frau solle durch Hinabstürzen getötet werden, und auch nicht, sie solle hinabgestürzt werden, bis sie tot sei? Gut. Dies ist die erste Ursache, aus der die Frau freizugeben ist. Und jetzt will ich euch die anderen Ursachen sagen.“
Die Leute sahen sie mit Spannung an, einige eifrig nickend, und die Markgräfin fuhr fort: „Die zweite Ursache ist die, dass es sich ziemt, auf ein Eingreifen Gottes zu merken. Ein solches Eingreifen ist geschehen. Und die Errettung der Frau bleibt etwas Wunderhaftes oder doch ans Wunderhafte nahe Heranlangendes. Wie ihr Männer selbst mir gesagt habt, hätte es niemand von euch für möglich gehalten, dass ein Mensch von unten her an diesem Felsen emporklimmen und gar eine so schwierige und kunstvolle Arbeit verrichten könnte, wie das Anbringen der Netze es war. Sondern der Natur hätte es entsprochen, wenn er hierbei den Hals gebrochen hätte. Weiter aber möchte ein Zeichen Gottes darin zu erblicken sein, dass der Fischer seine Rettungsabsicht auch erreichte. Denn bei aller Geschicklichkeit und Umsicht hat er doch den Ort nicht mit völliger Genauigkeit berechnen und vorherbestimmen können: die geringste Bewegung beim Absturz, die geringste Wendung, die der Stoß dem Körper der Frau gegeben, konnte die Richtung des Falles so ändern, dass ihr Leib die Netze verfehlte, und mochten sie über eine noch so große Erstreckung geplant sein. Ebenso hätte es geschehen können, dass das Netz unter dem plötzlichen Aufprall ihres aus so großer Höhe niederfahrenden Körpers riss, und auch, dass dies nicht geschah, möchte ich als ein wunderhaftes Zeichen annehmen.
Meine nächste Ursache ist die folgende. Da Eheleute ja ein Fleisch sein sollen, verhält es sich wohl auch so, dass die Liebe des einen Gatten das Verschulden des anderen zu verdecken vermag, sofern dies Verschulden nicht gegen einen Dritten gerichtet gewesen ist. So hat der Mann, da er sein Leben wagte, es der Gerechtigkeit als ein Opfer dargeboten, und das Opfer wurde nicht angenommen. Zwei Leben sind in die Gefahr und fast schon in die Sicherheit des Todes gegeben worden, und dies dünkt mich für ein Vergehen genug.
Meine letzte Ursache ist diese. Ihr habt die Frau nach eurem Gesetz strafen wollen, und es ist zu fragen, ob sie nicht in der Tat diesem Gesetze gemäß gestraft worden ist. Denn da sie ja nicht wusste, was ihr Mann zu ihrer Rettung vorbereitete hatte, so hat sie keinerlei Hoffnung haben können und hat allen Schrecken des Sterbens verkostet. Es will auch bedacht sein, dass die Frau dem Tode in die Hand gegeben worden ist, ohne dass sie jenen letzten Trost hat erlangen können, den andere ihresgleichen genossen haben, nämlich dass sie den Mann, an dem sie gefehlt hatte, noch einmal sähe und seiner Versöhnung gewiss würde.“
Die Markgräfin hatte bei den letzten Worten die Fischersfrau angesehen, und da sie jetzt schwieg, mochte diese meinen, sie sei zu einer Äußerung aufgefordert. „Nein, Frau Markgräfin!“ rief sie. „In dem Augenblick, da ich den Stoß erhielt, da habe ich es gewusst, dass mein Mann mir verziehen hatte.“
„Kind, du bist keine geschickte Selbstverteidigerin“, sagte die Markgräfin mit einem Lächeln, und nun lächelten auch einige Ortsbewohner. Es wollte ihnen danach natürlich erscheinen, dass die Markgräfin befahl, jetzt auch die Frau von ihren Fesseln zu befreien.
Die Markgräfin atmete den Wind, der salzig vom Meere heraufkam. Sie klopfte ihrem Schimmel den Hals und nahm dann abermals das Wort.
„Ich habe zu urteilen gehabt über die Frage, ob du ein zweites Mal hinabgestürzt werden solltest, und das habe ich getan. Über dein Vergehen aber bin ich nicht zu urteilen eingeladen worden, denn darüber haben ja diese Männer hier bereits geurteilt nach den Gebräuchen, die bei euch gelten. Aber nun will ich dir doch auch hierüber ein Wort sagen. Du hast dich in einem Netz fangen lassen und bist durch ein Netz gerettet worden, denn wie zuvor diesem Fremden, so bist du jetzt deinem Manne ins Netz gegangen. Damit du dessen eingedenk bist, sollst du immerwährend ein Netz tragen, zum Zeichen, dass du nicht gänzlich freigesprochen bist, sondern eine Gefangene bleibst, wiewohl nicht eine Gefangene der Obrigkeit, aber eine Gefangene deines Mannes und seiner Liebe.“
Die Markgräfin nestelte mit beiden Händen an ihrem goldenen Haarnetz. Sie nahm es ab, und während nun ihr dichtes weißes Haar auf den grünen Mantel hernieder floss, warf sie es der Frau zu. Dann lächelte sie, dass ihre schönen Zähne, denen das Alter wenig hatte anhaben können, sichtbar wurden, und sagte, so oft in Zukunft der Mann ein Gericht Fische in ihre Küche bringen werde, könne er einer guten Aufnahme und Entlohnung gewiss sein.
(aus: Bergengruen, Werner; Das Netz. – in: Unterberg, Aenne, / Fuchs, Maria; Zweiundzwanzig Erzählungen, – Ein Vorlesebuch für Erwachsene mit Interpretationen und Anregungen zum Gespräch. – S. 9-17)
Herzlichen Glückwunsch zur Eröffnung der Suppenküche der methodistischen Kirchengemeinde Vrbas, Region Novi Sad, Serbien. Ein Projekt der Fastenaktion 2018 der Evang. Luth. Kirche in Bayern, die bei uns in Lauf eröffnet wurde. 2019 besuchte der Gospelchor und der Jugendchor die Partner in Serbien. Jetzt endlich ist der Bau fertig und kann nach langer COVID-Zeit eingeweiht werden. Ca. 2000€ haben Spender aus Lauf begesteuert. Gerne wären wir gekommen, aber nachdem die Pandemie etwas zur Ruhe gekommen ist, ist bei uns wieder (zu) viel los. Deswegen ein Videogruß von Pfarrer Hanstein an die methodistischen Freunde aus dem Livestream-Gottesdienst!
Pfarrer Dragan erklärt das Ürpjekt vor frisch gegossener Bodenplatte 2019Fertige Suppenküche in Vrbas