Predigt zu Kolosser 1,13-20 (V). karfreitag lauf Jan-Peter Hanstein
Es hat Gott gefallen durch Christus alles zu versöhnen
Liebe Gemeinde,
und (sie) sahen das alles!
Alles
Alles zu spät.
Alles zu Ende.
Jesus ist alle.
Ja – alle ist Jesus.
Alles gegeben. Alles verloren.
Aber alle gewonnen!
Warum wärest du sonst da, wenn er dich nicht gewonnen hätte.
Du – hier. Unter dem Kreuz.
Du bist nicht zu Hause geblieben. Das wäre zu einfach gewesen.
Du bist doch kein Besucher, kein Hörer, kein Gaffer, kein Teilnehmer.
Und du bist nicht allein hier. Unter dem Kreuz.
Viele sind da. Heute. Nicht alle. Aber darum geht es ja nicht.
DU GLAUBST. DU FÜHLST. DU WEISST.
So viel mehr. Nämlich alles. Nicht alles ist aus.
Er ist Allen Alles geworden.
Das kann man nicht einfach beschreiben oder erzählen.
Vielleicht eher singen. Wie in dem Lied „Alles“ von Judith Holofernes mit ihrer Band „WIR SIND HELDEN“
Alles ist alles ist alles
Dir ist alles erlaubt und alles gegeben
Alles geglaubt und alles vergeben
Und alles wär drin und alles daneben
Es wär alles ertragen und alles vergebens
Und gut
Und gut?
Ach – so vieles war und ist nicht gut. Was ist alles Unversöhnliche gerade am Karfreitag geschehen unter dem Zeichen des Kreuzes. Hass und Vernichtung statt Versöhnung. Wir gedenken der früher regelmäßig ausbrechenden Progrome, der Hass gegen die Juden als den vorgeblichen Mördern des Gottessohnes. Wie oft wurde Jesus noch einmal gekreuzigt durch die christliche Verfolgung der Juden! Deshalb ist es wichtig, unseren Geschwistern dieser Tage zum Pessachfest Glückwünsche zu übermitteln. Wir beten, dass sie friedlich feiern können. Bei uns in Deutschland und in Israel.
Alles gut unter dem Kreuz? Für unsere islamischen Mitbürger, für die ist das Kreuz das gefürchtete Zeichen unbarmherziger Ritter, die ihre Herkunftsländer überfielen, tausende töteten und ausplünderten und dann noch vom Heiligen Krieg sprachen. Am 9. April, am Ostersonntag nach Sonnenuntergang sind wir Laufer eingeladen mit ihnen das Fastenbrechen in der Moschee zu feiern, mitten im Ramadan. Ich werde hingehen.
Alles ist alles ist alles
Dir ist alles erlaubt und alles gegeben
Alles geglaubt und alles vergeben
Und alles wär drin und alles daneben
Es wär alles ertragen und alles vergebens
Und gut
Nein. Noch nicht alles ist vergeben und vergessen. Wie weit sind wir entfernt von der Versöhnung, die in Christus begonnen wurde. Wie weit entfernt vom Frieden. Geschweige denn von der Erlösung. Weiter als ich es jemals gedacht habe.
Aber ich habe einen Wunsch. Keinen Traum, sondern erfüllbar. Ich werde es erleben!
Vielleicht werde ich nicht warten, bis der Krieg in der Ukraine zu Ende ist, sondern ich werde endlich tun, was ich schon lange wollte: Ich werde in die Ukraine fahren. Natürlich auch nach Winnyzia fahren. Die Freunde Larissa, Valeri und Ingret und viele andere dort besuchen und mit Ihnen in diesem kleinen Gemeindehauskirche das Abendmahl feiern. Valeri wird grillen und wir werden feiern. Verhalten, unter Tränen, mit Sorge und mit der Frage: Wann endlich wird es Frieden geben und wieviel länger noch – bis Ukrainer und Russen sich versöhnen?
Deshalb werde ich weiter fahren bis nach Odessa. Dort steht die alte lutherische St.Pauls-Kirche, mit bayerischer Hilfe 2010 saniert. Wie durch ein Wunder hat sie alle Katastrophen und Kriege und Zeitenwenden überlebt. Vorne an der Altarwand hängt ein gestiftetes Kruzifix aus Wenzendorf vor einer modernen Wand-Malerei von Tobias Kammerer.
Zuerst denkt man an einen Sonnenuntergang. Dann sieht man den großen Blutstropfen vom Himmel und darunter angedeutet der Abendmahlskelch, der diese Flüssigkeit auffängt.
„Dieser Kelch ist der neue Bund durch mein Blut.“
Herzblut. Wie eine blutige Träne Gottes. Dort am Kreuz. Gottes letztes Opfer, das er selbst bringt. Wann werden wir aufhören, andere zu opfern und zu töten um irgendwelcher politischen und religiösen Ziele willen?
Aber die Versöhnung nimmt ihren Weg durch uns. Wer hätte gedacht, dass die Ukrainer jemals uns Deutschen vergeben, nach allem, was ihnen im Dritten Reich angetan wurde.
Martin Luther hat gesagt: Christus ist der „Spiegel des väterlichen Herzens Gottes“ (Luther)
Nur die Kirche, nur die Glaubenden, das ist Gott zu wenig. Die Erlösung steht aus. Darauf warten wir mit allen Glaubenden. Muslime, Christen und Juden.
Vielleicht habt ihr gemerkt, dass wir heute das Glaubensbekenntnis nach dem Evangelium nicht gesprochen haben. Weil der Predigttext so ein Bekenntnis ist. Oder mehr eine Hymne für den, der vor allem war, alles geschaffen hat und allen alles geworden ist und am Ende alles in ihm versöhnt sein wird. Lasst uns diese Worte aus dem Brief an die Kolosser gemeinsam bekennen.
S.1097 im EG: Wir lesen:
Er ist das Ebenbild des unsichtbaren Gottes,
der Erstgeborene vor aller Schöpfung.
Denn in ihm wurde alles geschaffen,
was im Himmel und auf Erden ist,
das Sichtbare und das Unsichtbare,
es seien Throne oder Herrschaften
oder Mächte oder Gewalten;
es ist alles durch ihn und zu ihm geschaffen.
Und er ist vor allem,
und es besteht alles in ihm.
Und er ist das Haupt des Leibes, nämlich der Gemeinde.
Er ist der Anfang,
der Erstgeborene von den Toten,
auf dass er in allem der Erste sei.
Denn es hat Gott gefallen, alle Fülle in ihm wohnen zu lassen
und durch ihn alles zu versöhnen zu ihm hin,
es sei auf Erden oder im Himmel,
indem er Frieden machte durch sein Blut am Kreuz.
AMEN.